Sonstiges Anleihen ...

Ort
Curdestorp
Studiengang
B.Sc. Wirtschaftswissenschaft
Hallo,

das Thema ist zwar etwas OT, aber ich stelle es mal hier rein.

In Investition KE2 am Ende wird im Beispiel 22 auf Anleihen verwiesen und deren Kapitalwert errechnet.

Nun habe ich mir einfach mal einen 10jährige Bundesanleihe (WKN 110233) rausgesucht und mir den heutigen Börsenpreis von 114,75 Euro genommen.
Die Anleihe hat einen Kupon von 1,75 % und noch eine Laufzeit bis 2024.

Mir stellt sich die Frage, warum man so ein Papier nach Emission erwerben sollte?!

Ganz pauschal gesagt:
Heutiger Kauf: - 114,75
Zinsen/Kupon bis 2024: + 15,75 (noch keine Steuern abgezogen)
Rückzahlung 2024: + 100

Wo ist da mein Gewinn?
Klar, wenn ich die Anleihe bei Emission erwerbe und mir dann den Kapitalwert ausrechne (Marktzins 0,05%), habe ich einen Positiven Wert. Aber nicht zum aktuellen Preis.

Was nehme ich eigentlich als Marktzins? Den Zins der EZB?


Vielleicht hat ja jemand etwas Ahnung davon und könnte mich aufklären!! :)
Ist ein Thema was mich schon interessiert.

VG

kein_Nick
 
Der Marktzins ist immer der Zins, der für Papiere mit vergleichbarem Risiko/Laufzeit bezahlt wird.
Du kannst den hier rückwärts ausrechnen, indem du den internen Zins bestimmst, also bei welchem q ist bei diesem Kurs der Kapitalwert 0 (ich komm auf rund 0,1%). Das ist der Zins, den man am Kapitalmarkt für dieses Papier für angemessen hält (sonst hätte es nicht diesen Kurs).
Da kann theoretisch auch mal ein negativer Zins rauskommen. AAA-Papiere gibt es nicht so viele, und die Nachfrage ist da.
 
JIP, bei 1,75% ist K=0.
Also der Kupon.

Mich würde halt mehr interessieren, warum ich solch ein Produkt nach Emission am Markt kaufen sollte.
Also was sollte mich als Investor dazu treiben in diesen Schein zu investieren? Scheinbar verstehe ich dieses System nicht.

Denn wie oben beschrieben, kostet die Anleihe heute 114,75 Euro bei Laufzeit bis 2024.
Damit würde ich auf einen negativen Kapitakwert von -14,75 kommen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Kurs ist auch bei Ausgabe nicht unbedingt 100, es kann da auch Auf-/oder Abschläge geben. Das Papier wurde sicher nicht zu 100 ausgegeben, sondern mit Aufschlag.
Im Prinzip funktioniert es wie bei einem Kredit mit (Dis)Agio, nur andersherum.
Bei dem Kredit kennst Du den Nominalzins und das Disagio, und kannst dann ausrechnen wie hoch der Effektivzins ist.
Bei der Anleihe ist es andersrum, man kennt den Nominalzins und den Effektivzins (=Marktzins), und macht dann das (Dis)agio so, dass der Effektivzins rauskommt.
Wenn der Marktzins sich ändert, ändert sich auch der Kurs der Anleihe.

Der Kapitalwert bei Deinem Beispielpapier ist auch nicht negativ, sondern eben Null. Du kaufst das Papier, weil Du ein AAA-Papier im Portfolio haben willst. Nominal bringt es Dir 1,75% - da aber der Marktzins für solche Papiere im Moment niedriger ist, muss Du es mit Aufschlag kaufen, unterm Strich kommt dann eine angemessene Verzinsung von 0,1% raus.
 
Der Kapitalwert bei Deinem Beispielpapier ist auch nicht negativ, sondern eben Null. Du kaufst das Papier, weil Du ein AAA-Papier im Portfolio haben willst. Nominal bringt es Dir 1,75% - da aber der Marktzins für solche Papiere im Moment niedriger ist, muss Du es mit Aufschlag kaufen, unterm Strich kommt dann eine angemessene Verzinsung von 0,1% raus.

Ja ok, verstanden! :)

Nur den Sinn nicht ... zumal man auf die Zinsen ggf. ja auch noch Steuern zahlen muss.

Bleibt bis zum Laufzeitende alles so wie jetzt, dann habe ich 114,75 ausgeben und im Laufe der neun verbleibenden Jahre bekomme ich knappe 114,75 zurück.
Wie sich der Zins in der Zeit entwickelt, kann mir ja eigentlich schnuppe sein. Wenn er noch weiter fällt (was eigentlich schon fast nicht mehr geht), könnte ich das Papier evtl. für einen höheren Preis vor Ende der Laufzeit verkaufen. Steigt der Zins fällt der Kurs, ich lasse es im Depot und
"ausser Spesen nix gewesen".

Richtig?
 
Ja genau, unter anderem deswegen haben die Kapitallebensversicherungen ja auch Probleme ihre garantierten Mindestverzinsungen auszuzahlen, die müssen z.B. gewisse Kontingente solcher Papiere halten.
Wenn Du eine höhere Verzinsung willst, kannst Du Dich ins europäische Ausland orientieren ;-)
Vor ein paar Jahren konnte man griechische Staatsanleihen mit einem Jahr Restlaufzeit für ~50 kriegen. Wenn man den Mumm gehabt hätte, wäre da ein ordentlicher Schnitt möglich gewesen...
 
Das ganze Thema Anleihen ist im Moment sehr durch die Notenbankenentscheidungen verzerrt, vor allem im AAA-Bereicht. Durch den Aufkauf von Staatsanleihen durch die EZB (60 Mrd. € pro Monat) und die FED (~85Mrd$ pro Monat für ca. 2 Jahre, mittlerweile ausgelaufen) wurde massiv Liquidität für die Märkte zur Verfügung gestellt.

Durch diese Erhöhung der Geldmenge nimmt gleichzeitig die Nachfrage nach "sicheren" Anlagemöglichkeiten, während das Angebot etwa konstant bleibt. Das führt dann zwangsläufig zu einem steigenden Preis. Bei Anleihen äußert sich das in einem höheren Kurs, insgesamt wird die Rendite dann für die Restlaufzeit niedriger. Wenn die Restrendite von "Altanleihen" sinkt, dann sinkt auch der Kupon von "Neuanleihen", das kann man ganz schön an den deutschen Staatsanleihen sehen. Der Bund konnte sogar (wenn ich das richtig in Erinnerung habe) sogar Anleihen mit einem negativen Kupon platzieren, d.h. die Anleger, die zum Ausgabekurs gekauft haben, zahlen Geld dafür, dass sie Deutschland Geld leihen dürfen.

Warum machen die das? Ganz einfach: Der Markt wird von den institutionellen Anlegern bewegt, also den großen Pensionsfonds, Versicherungen, Banken usw. Manche dieser Investoren sind gesetzlich dazu verpflichtet, eine bestimmte Menge an Anleihen zu halten (Versicherungen z.B. zu einem sehr hohem Prozentsatz ca. 80%), andere haben als vorrangiges Ziel die Kapitalerhaltung und Anleihen garantieren ja die Rückzahlung des Kapitals anders z.B. Aktien. Durch die hohe Nachfrage an Anleihen durch die Notenbankenprogramme ist der Marktpreis für Anleihen halt relativ hoch, aber die großen Investoren sind momentan noch bereit, diese Preise für den Werterhalt ihres Kapitals zu bezahlen.

Die Summen, mit denen sich die instiutionellen Investoren am Markt beteiligen, sind in der Regel im mehrstelligen Milliardenbereich und bevor diese das Geld "unter der eigenen Matratze"(in der Verwaltungsstelle, bei einer Hausbank, ...) aufbewahren, investieren diese lieber in "sichere" Anleihen mit einer 0-Rendite.

Für einen Privatanleger, der keine Milliarden verschiebt und der mehr Wert auf seine Kapitalmehrung denn auf den -erhalt legt, eigenen sich AAA-Anleihen mit einer Rendite von ~0 momentan sicherlich nicht für ersteres :)

Für deine Anleihe im Beispiel oben gibt es momentan also genug Investoren, die ihr Kapital bis 2024 erhalten wollen und nicht auf mögliche Gewinne angewiesen sind. Und da Deutschland der vielleicht beste Schuldner ist, den es gibt, sind die Anleihenkurse hier relativ hoch.
 
@dickerhund und @farbfarbrik

Danke für eure Ausführungen!

Also momentan sind sichere AAA - Anleihen nur für große Anleger interessant, die eh einen Teil ihres Kapitals in Anleihen anlegen müssen.
Für mich als kleiner Privater bleiben da nur risikoreichere Anleihen im Ausland oder eine Bundesanleihe gleiche bei Emission erwerben und auf steigenden Kurs hoffen.
 
Zurück
Oben