Lernen & Organisation Wege aus der Prokrastinationsfalle?

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User6041

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Gestern Morgen öffnete ich eine Datei mit einem Manuskript, das ich überarbeiten musste, was ungefähr zwanzig Minuten in Anspruch nehmen würde. Zehn Stunden später (!) konnte ich mich endlich dazu aufraffen, diese Arbeit auch wirklich anzugehen. Dabei saß ich beinahe die ganze Zeit vorm PC und erledigte, wie beim Prokrastinieren üblich, so ziemlich alles, nur nicht das, was eigentlich angestanden wäre. :hammer:

Ich war immer schon der Typ, der besonders gute Leistungen unter Druck hervorgebracht hat. Früher in der Schule und auch später im Job, wobei sich das Prokrastinieren hier allerdings bis heute interessanterweise nur auf das Schreiben oder mit dem Schreiben verbundene Aufgaben bezieht. Verwaltungstechnische Arbeiten erledige ich immer sofort, ohne auch nur auf den Gedanken zu kommen, irgendetwas dazwischen zu schieben.

Bisher hat mich die Aufschieberei zwar ein wenig genervt, sie war aber kein großes Thema für mich. Jetzt, wo meine Zeit knapper bemessen ist, gerate ich allerdings in Panik. Wie soll ich die Klausurvorbereitung hinbekommen, wenn zur gleichen Zeit einige Textbeitragsdeadlines anstehen, die natürlich Vorrang haben? Ich habe schon so ziemlich alles probiert: Tages-, Wochen- und Monatspläne verfasst, ein Belohnungssystem für erledigte Arbeiten ausgetüftelt, zu ergründen versucht, warum ich bestimmte Dinge immer schiebe und mit anderen gar kein Problem habe – doch erfolglos. :O_o:

Hat irgendjemand von Euch ähnliche Erfahrungen gemacht und vielleicht Tipps für mich, wie ich der Prokrastinationsfalle entkommen könnte?
 
Erstmal ist es meiner Ansicht nach wichtig, sich nicht selbst zu kasteien und bei seltenen Prokrastinationsanfällen gleich daraus zu schließen, dass es immer so ist... Die Kontemplation kann so manchen Tag halt auch in anderen Dingen als der Erfüllung der Pflicht bestehen.;-)
Gerade wenn Du weißt, dass Du unter Druck gute Leistungen bringst und nicht per se unter chronischer "Schieberitis" leidest, würde ich mir nicht solche Sorgen machen. Schreiben ist kreative Arbeit - dafür muss man auch den Kopf frei haben - Ich weiß gar nicht, wie viel Zeit ich in meinem Leben schon damit verdaddelt hab, dass ich einfach aus dem Fenster geguckt habe oder z.B. die Augen beim Lesen den Text verfolgen, der Geist aber ganz, ganz weit weg ist... Ich mache daher nur ganz grobe Pläne und schmeiße die nach Lust und Laune über den Haufen - das klappt meist sehr gut. Solange die Selbstdisziplin des "an-den-Schreibtisch-Setzens" vorhanden ist, ist alles im grünen Bereich!:-D
 
In den 5 Jahren FernUni habe ich unzählige Wege REIN in die Prokrastinationsfalle gefunden. Vom Forum über den Haushalt bis hin zum dämlichen Fernsehprogramm. Ich hätte also noch ein paar Tipps für dich auf Lager, wie du super prokrastinieren könntest. Einen Weg RAUS aus dieser Falle jedoch habe ich in all den Jahren nie gefunden. Und dennoch habe ich mein Studium mehr als zufriedenstellend abgeschlossen. Und da bin ich definitiv nicht die Einzige, der es so erging. Insofern: bloß nicht vorher schon in Panik verfallen...Prokrastination gehört einfach dazu. Ich glaube sogar, dieses Wort wurde extra für Fernstudenten erfunden. ;-)

Ps: Irgendwelche Pläne, Skripteinteilungen oder sonst etwas in der Art haben bei mir auch nie funktioniert...das ist eben einfach nicht jedermanns Sache.
 
@Flubber und @Sabuchan:
Das habe ich bisher auch so gesehen. Aber langsam läuft das aus dem Ruder und ich habe auch ein total schlechtes Gewissen dabei, was ich früher eigentlich nicht hatte.:panik:
 
Hallo,
das mit dem "unter Druck besser funktionieren" ist ja schön und gut, aber wenn es dann, wie bei mir, dazu führt, dass man durch immer weiteres Aufschieben den Lernstoff eines Semesters am letzten Wochenende vor der Klausur versucht zu lernen, dann ist das Fiasko vorprogrammiert, egal wie gut man unter Druck sonst so ist.
Außerdem führt das Schieben und das Sich-Bewustsein darüber bei mir zu einem schlechten Gewissen und Schuldgefühlen und das macht auf Dauer auch nicht glücklich und schlechte Laune.

Aber wie man hier schon sieht, gibt es nicht den typischen Prokrastinierer, sondern unterschiedliche Typen. Wenn nur ein Lebensbereich, hier das Studium, betroffen ist, sollte eigentlich kein besonders schwerer Fall vorliegen.
Da die von Lady Windermere leider schon erfolglos probierten Standardmittel durchaus helfen können, scheint es aber nicht ganz einfach zu sein. Ich würde deshalb mal tiefer graben und wenigstens einen Ratgeber zum Thema lesen (die Uni-Bib hat eine Auswahl) oder in einem Regionalzentrum ein Einführungsseminar besuchen. Die Veranstalter stehen auch für weitergehende Einzelgespräche zur Verfügung. Wenn keines in der Nähe ist, sollte sich auch über die Studienberatung ein Kontakt herstellen lassen.
 
... dass man durch immer weiteres Aufschieben den Lernstoff eines Semesters am letzten Wochenende vor der Klausur versucht zu lernen, dann ist das Fiasko vorprogrammiert ...
Genau vor diesem Szenario fürchte ich mich. Ich weiß, ich bin in der Lage, zehn Seiten eines literarischen Textes ohne Qualitätsverlust kurz vor Abgabetermin zu schreiben. Das mache ich seit Jahren. Aber ob das so einfach auf das Lernen für eine Klausur übertragbar ist, wage ich zu bezweifeln. (Wahrscheinlich wäre es nicht einmal mit einer Hausarbeit zu vergleichen, weil ein belletristischer Text eine andere Schreibdynamik entwickelt als ein Sachtext.)
Ich habe bereits Bücher zum Thema gelesen und Radiosendungen gehört, aber die Tipps haben mir nie wirklich weitergeholfen. Offenbar bin ich nicht der Typ, der mit Stundenplänen arbeiten kann.
 
Offenbar bin ich nicht der Typ, der mit Stundenplänen arbeiten kann.
Eben - ich auch nicht... Deswegen mein ausschließlicher Rat: Mach dich nicht verrückt! Wenn Du nicht ernsthaft Depressionen hast (ich meine nicht Deprimiertheit sondern die Erkrankung!), dann kriegst Du das in den Griff! Uns Fernstudenten tritt halt keiner in den Allerwertesten außer wir uns selbst - und wenn es der Prof in der Bewertung tut - ok - dann wurde wohl zu viel prokrastiniert! Vielleicht hilft es dir, hier im Forum von den Aufs und Abs der Lernmotivation zu schreiben... Also ich empfinde gerade die fleißigen Wiwis hier immer sehr anspornend... Ich prokrastiniere übrigens gerade nur, weil ich im Strafrechtsfall die tausendste Mindermeinung zum vierten Mal gleich lesen muss, um zu kapieren, worin sie sich von den anderen unterscheidet - also Prokrastination ganz gezielt zum Kopf-lüften... Jetzt gehts aber weiter :-)
 
Leute, die Ratgeber zu Prokrastination schreiben, haben keine Ahnung vom Thema, sonst hätten sie das Buch ja nie fertiggekriegt. Kann man alles vergessen, lauter Theoretiker.
Was mir geholfen hat ist Schlafentzug. Ich habe ne zeitlang umgestellt, nur 4 Stunden Nachts und 10 Minuten Mittagsschläfchen, das war perfekt. Der Tag hat auf einmal 20 Stunden (da kann man dann beruhigt ein paar verballern) und der permanente Schlafentzug sorgt für eine leicht euphorische Stimmung, da kriegt man auch richtig was gebacken. Meine Bachelor-Klausuren hatte ich in vier Semestern durch, trotz Vollzeitarbeit.
Einziges Manko: funktioniert nicht, sobald man auch nur einen Tropfen Alkohol trinkt. Manche sagen auch keinen Kaffee/Tee, aber da hatte ich keine Probleme mit. Ich hab das wohl so zu 80%-90% durchgezogen, über zwei Jahre.
Im Moment schlafe ich wieder sechs-sieben Stunden und kriege gar nichts auf die Reihe. Dafür trinke ich wieder mehr Bier :cool:
Google das mal, es gibt da verschiedenen Kurzschlafmodelle (auch weniger extrem), muss halt zum eigenen Tagesablauf passen. Vier Stunden sind aber wohl das Minimum, wenn man langfristig überleben will.
 
Uns Fernstudenten tritt halt keiner in den Allerwertesten außer wir uns selbst
Das ist auf jeden Fall ein Teil des Problems.

Leute, die Ratgeber zu Prokrastination schreiben, haben keine Ahnung vom Thema, sonst hätten sie das Buch ja nie fertiggekriegt.
Ganz so würde ich das nicht sehen. Prokrastinationsexperte zu sein, bedeutet ja nicht, nie irgendwas zu Ende zu bringen, sondern eher die Spanne, die zwischen Beginn und Ende liegt, höchstmöglich zu dehnen. ;-)

Was mir geholfen hat ist Schlafentzug. Ich habe ne zeitlang umgestellt, nur 4 Stunden Nachts und 10 Minuten Mittagsschläfchen, das war perfekt.
Ich habe vor vielen Jahren auch mal mit Schlafentzug gearbeitet, allerdings würde ich das auf die Dauer nicht empfehlen. Der Erfolg hängt sicher stark davon ab, welcher Typ man ist. Für mich wäre das heute nichts mehr, da schließe ich mich Kiwi1979 an.
Das würde mein Umfeld nicht überleben... :facepalm:
 
Wie wäre es, wenn Du Dir Deine Unterlagen nimmst und in einer Bibliothek durcharbeitest?!

In Uni-Bibliotheken kann man sich z.B. kleine abschließbare Räume buchen, in denen man ungestört für sich arbeiten kann.
Und wenn man mal auf die Toilette muss oder etwas essen gehen will, muss man nicht alles zusammenpacken, sondern kann abschließen.
Ich weiß nicht, ob es so etwas auch in anderen Bibliotheken gibt.
Aber der Grundgedanke dahinter: keine Ablenkung und ruhiges Arbeiten! Kein Haushalt, keine Anrufe, kein Fernsehen – Ruhe und Konzentration.
Und auch ohne separatem Raum kann man in Bibliotheken gut arbeiten. :-)

Nimm Dir zusätzlich ein kleines Notizbuch mit und schreibe die (un)wichtigen Gedanken, die Dich zu Hause abgelenkt hätten, aber vielleicht auch in der Bibliothek im Kopf rumspuken, auf.
:eyeroll2: Butter kaufen … kam heute Abend Schlammcatchen im Fernsehen? … Tante Hilde zum Kaffeekränzchen einladen … wer hat noch mal die Gießkanne erfunden? …
Also all die herrlichen Prokrastinationsgründe, die Dir in der Bibliothek nicht im Wege stehen. Dadurch, dass Du sie aufschreibst, hast Du nicht das Gefühl, etwas Wichtiges zu vergessen und kannst weiter konzentriert arbeiten. :monopoly:
 
Wie wäre es, wenn Du Dir Deine Unterlagen nimmst und in einer Bibliothek durcharbeitest?!
Das habe ich bisher immer verworfen, weil es mir merkwürdig erschien, nicht das Angebot an sich, sondern lediglich die ruhige Atmosphäre zu nutzen. So à la: Am Ende taucht ein Mitarbeiter auf, der die Seriosität meiner Anwesenheit in Zweifel zieht. :O_o:
Mein Notizbuch begleitet mich überall hin, weil ich meinen Gedankenfluss nur sehr schwer abstellen kann und mir (wie auch vielen anderen) die besten Einfälle für Texte in den unmöglichsten Situationen kommen. Allerdings habe ich mir in Lernsituationen immer verboten, mich auch noch schriftlich auf diese Nebengleise meines Gehirns einzulassen, vielleicht war das ein Fehler. Ab jetzt werde ich meine Abwegigkeiten während des Lernens zu Papier bringen. Danke für den Tipp, Maugli.

… kam heute Abend Schlammcatchen im Fernsehen? …
:like::perfekt:
 
Die Idee,in eine fremde Lernumgebung auszuweichen, finde ich auf jeden Fall einen Versuch wert, weiß aber aus eigener Erfahrung, dass die Prokrastination eine Ablenkung finden wird, wenn sie will, Internet - aúch in Bibliotheken verfügbar - ist da z.B. sehr willkommen. Ok, ich sehe gerade, Du hast schon - erfolglos.

Allerdings scheine ich wohl die falschen Unibibliotheken zu kennen. Die Bib der FU und die der anderen Unis im Ruhrgebiet, die ich kenne, bieten jedenfalls keine induviduellen Lernräume an. Hier ist man froh, wenn man den Massen an Studenten überhaupt eine halbwegs ausreichende Zahl an Lernplätzen anbieten kann. So ein Service würde da nur Ressourcen fressen.
Auch das Verhalten der anderen Studenten ist tw. wenig rücksichtsvoll. Früher ging man zum Lernen in die Bib und zum geselligen Miteinander in die Mensa/Cafeteria/etc., heute wirkt es eher ungekehrt, telefonieren ist sowieso ein Muss. Und die ebenfalls prokrastinierenden Kommilitonen zocken auch schon mal am mitgebrachten Laptop oder schauen irgendeine Serie aus dem Netz oder im Netz.
 
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Das habe ich bisher immer verworfen, weil es mir merkwürdig erschien, nicht das Angebot an sich, sondern lediglich die ruhige Atmosphäre zu nutzen. So à la: Am Ende taucht ein Mitarbeiter auf, der die Seriosität meiner Anwesenheit in Zweife
Da brauchst Du keine Bedenken haben, das ist inzwischen ganz normal und üblich in den Bibs, dass die Lesesaalnutzer nur zum Lernen kommen ohne die Lesesaalbestände zu nutzen.
 
Beim Sport gibt es ja, wenn man Probleme hat sich zum Sport aufzuraffen, den gut funktionierenden Trick sich mit jemand zu verabreden und gemeinsam zu sporteln. Das könntest Du abgewandelt auch fürs Lernen nutzen: Vielleicht findest Du ja einen Kommilitonen, mit dem/der Du Dich zum zeitgleichen Lernen verabreden kannst. Jede(r) lernt bei sich zu Hause zur verabredeten Zeit seinen eigenen Lernstoff, es ist also egal wenn beide weit weg voneinander wohnen und wenn es ganz verschiedene Module sind. Vor dem Lernen wird kurz ausgetauscht "ich bin startklar, Du auch?" Und nach der Lernzeit tauscht ihr euch aus ob und was ihr tatsächlich gelernt habt. Da es peinlich ist dem/der anderen gestehen zu müssen "ich habe nur prokrastriniert" könte das helfen in der Zeit tatsächlich was zu lernen.
 
Also an der Unibib in Potsdam ist es mucksmäuschenstill...wird höchstens geflüstert. Zudem stehen kaum Rechner zur Verfügung - da schaut man höchstens mal schnell nach, ob das Buch, das man sucht, im Bestand ist - man will den anderen ja nicht den Platz blockieren. Das Handy würde ich im Zweifelsfall zuhause lassen, aber meines hat gar keinen Internetzugang;-) Alle paar Stunden mal einen Kaffee an der Bar gönne ich mir dann als "Pause":allsmiles: Ok, die Blicke muss man ignorieren - schwanken zwischen "was will die alte Schachtel hier" und bewunderndem "sie ist mindestens Doktorandin":ROFL:
 
Und in der Staatsbibliothek in Berlin bin ich neulich fast rausgeschmissen worden, weil ich einen wichtigen Anruf angenommen habe - dabei hatte ich gar nicht das Gefühl, mich in einem Lesebereich zu befinden, war mehr so'n Treppenhaus...
Also ich glaube, das ist sehr unterschiedlich mit den Gepflogenheiten und in jedem Fall einen Versuch wert:thumbsup:
 
Und in der Staatsbibliothek in Berlin bin ich neulich fast rausgeschmissen worden, weil ich einen wichtigen Anruf angenommen habe

Eine freundliche Ermahnung hätte es wohl sicher auch getan, finde ich. Ich will das jetzt auch nicht überdramatisieren, außerdem sind meine Besuche auch keineswegs in irgendeiner Weise reräsentativ, jedenfalls hier scheitert das bereits an der Zahl des Personals, da ist es eher Zufall, wenn mal jemand in den weiten Fluren auftaucht. Da setzt man eher auf die soziale Kontrolle untereinander. ich bin da leider auch persönlich sehr lärmempfindlich. Manche Nebengeräusche kann ich gut ausfiltern, andere hingegen so gar nicht,
 
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