Pflichtpraktikum Erfahrungsberichte | Pflichtpraktikum EJP

Hochschulabschluss
Bachelor of Laws
2. Hochschulabschluss
Master of Laws
Studiengang
Erste Juristische Prüfung
Hallo,

da ich selbst etwas gebraucht habe die ganzen Regelungen zu verstehen, versuch ich hier mal das Pflichtpraktikum grob zu skizzieren:

Das Justizprüfungsamt (also das OLG welches die Staatsprüfung abnimmt) verlangt, dass man 12 Wochen Praktikum gemacht hat. 6 Wochen müssen dabei in einer Verwaltung absolviert werden, 6 Wochen in der Rechtspflege.
Diese Regelungen sind aber von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Da noch nicht bekannt ist ob man das Examen auch in anderen Bundesländern machen kann, habe ich mich auf die Regelungen in NRW konzentriert. Dabei habe ich immer wieder Kontakt zum JPA Hamm aufgenommen, welches wohl auch mit der Fernuni in engem Kontakt stand. Meine Auskünfte sind weder vollständig, noch garantiere ich für Richtigkeit. Wer eine verbindliche Auskunft will, sollte das JPA per E-Mail kontaktieren. Man bekommt zumindest vom JPA Hamm sehr schnell verbindliche Auskünfte.

- das Praktikum im jeweiligen Bereich kann man auf 2 mal 3 Wochen splitten
- es muss in der vorlesungsfreien Zeit stattfinden, wobei Überschreitungen bis zu einer Woche wohl toleriert werden
- das Rechtspflegepraktikum kann man scheinbar bei jedem Gericht absolvieren (in Niedersachen z.B. nur beim AG und LG). Ich habe meins beim Sozialgericht gemacht und es wurde mir zugesichert das es akzeptiert wird.
- es gibt keine Pflichtstundenanzahl, gefordert ist lediglich eine "gute Ausbildung". Man kann also auch den ein oder anderen Tag arbeiten gehen (in Absprache mit der Praktikumsstelle).

Wie bekommt man einen Praktikumsplatz?
Ich habe einfach an so ziemlich jede Verwaltung in meiner Gegend eine E-Mail geschickt. Am Ende hatte ich drei Zusagen, so das ich mich frei entscheiden konnte. Ich habe das Praktikum (3 Wochen) bei der Gewerbeaufsicht gemacht. Eine E-Mail, ein Telefonat und alles war klar. Also sehr unproblematisch.
Bei Gericht habe ich angerufen und eine Aufforderung bekommen eine Bewerbung einzureichen. Kurz darauf habe ich eine Einladung zum Bewerbungsgespräch bekommen und dabei dann auch die Zusage.


Wie läuft das Praktikum ab?

Verwaltung:
Mir wurde dort erstmal erklärt wie eine Verwaltung funktioniert. Ich wurde sehr herzlich aufgenommen und schnell integriert. Ich konnte in so ziemlich jedes Rechtsgebiet eingeführt und stets von einem Volljuristen betreut.
Nach schon kurzer Zeit wurden mir verschiedene Rechtsfragen die tatsächlich eingegangen sind (also keine fiktiven Fälle) auf den Tisch gelegt die ich selbstständig lösen sollte. Der Volljurist hat sich meine Lösungen dann angesehen und mit mir besprochen. Seit sie gepasst haben wurden sie dann auch direkt verwendet.

Rechtspflege:
Hier konnte ich zunächst den Gerichtsaufbau und deren Verwaltung kennenlernen. Ich hatte Akteneinsicht in viele Fälle und habe diese mit dem zuständigen Richter besprochen. Dann konnte ich mir viele Sitzungen als Zuhörer ansehen (Kammerberatungen sind nicht gestattet). Letztlich konnte ich dann auch Gutachten schreiben und sogar Urteile verfassen. Letzteres war interessant, da man so mal den Urteilsstil probieren konnte. Wobei diese natürlich nie 1:1 übernommen wurden.


Bescheinigung:
Man kann sich vom OLG Hamm ein Formular laden, welches die Behörde/Gericht ausfüllen muss. Dies ist quasi eine Teilnahmebescheinigung, die nicht bewertet wird oder sonstige Ausführungen beinhaltet. Von beiden Betrieben habe ich aber zusätzlich ein Zeugnis bekommen. Dazu sind sie nicht verpflichtet, auf meine Frage hin waren sie aber sehr offen.


Alles in allem fand ich die Praktikumspflicht erst nervig. Dann hatte ich auch Bedenken, dass ich zum Kaffe kochen abkommandiert werde. Alles in allem war es bisher aber eine sehr gute Erfahrung. Ich hab mich nie als Praktikant gefühlt, sondern fühlte mich als Jurist wahrgenommen. So habe ich einen ordentlichen Einblick in die Arbeitsweise bekommen und konnte meine Theorie aus Bachelor und Master praktisch anwenden.
 
Danke für deinen tollen Bericht !!! Bist du nebenher noch arbeiten gegangen? VLG
 
Genau die Frage brennt mir auch unter den Nägeln... (weil die paar Urlaubstage des Jahres ja nicht für's Praktikum reichen :unsure:)

Genau das wäre auch meine Sorge ... bin ja immer noch am überlegen mich für den Bachelor einzuschreiben :hammer:
 
Ich hab nebenbei gearbeitet, aber nur zwei Tage pro Woche. Das muss man mit der jeweiligen Stelle aushandeln. Bei mir waren von Anfang an zwei Tage pro Woche geplant und das war kein Problem. Bei Gericht war ich effektiv auch seltener da, da ich Akten mitnehmen konnte und von zu Hause aus bearbeiten konnte. In beiden Praktika hatte ich aber auch keinen acht Stunden Tag.
 
Vielen Dank für deinen Bericht, dass Praktikum mach mir auch etwas kopfzerbrechen... aber gut bis ich soweit bin, ergibt sich vielleicht auch was...! Hatte mir erst überlegt anzufragen ob ich meine Ausbildung (Bin ReNo-Fachangestellte) anrechnen lassen kann, aber ich denke das die praktische Zeit beim Gericht, Behörde auch seinen Sinn und Zweck hat und dieses ja auch eine Chance sein kann, seine Stärken und Interessen klarer zu erkennen.

Viele Grüße
 
Vielen Dank für deinen Bericht, dass Praktikum mach mir auch etwas kopfzerbrechen... aber gut bis ich soweit bin, ergibt sich vielleicht auch was...! Hatte mir erst überlegt anzufragen ob ich meine Ausbildung (Bin ReNo-Fachangestellte) anrechnen lassen kann, aber ich denke das die praktische Zeit beim Gericht, Behörde auch seinen Sinn und Zweck hat und dieses ja auch eine Chance sein kann, seine Stärken und Interessen klarer zu erkennen.

Viele Grüße
Mit der Anrechnung könntest du sogar Glück haben. Wahrscheinlich wirst du dir das Rechtspflegepraktikum anrechnen lassen. Das kann man ja auch beim Anwalt oder Notar machen. Frag einfach mal beim JPA nach.

Andererseits ist das Praktikum sehr interessant. Da du ja Einblicke in den Anwaltsberuf hast wäre ein Gerichtspraktikum sicher interessant. Ich fand es interessant das ganze mal aus der Richtersicht zu sehen ;)
 
Ja, das hatte ich mir auch gedacht. Im Gericht könnte ich dann die "andere Seite" kennen lernen. Und ich denke auch, dass ich ja die Ausbildung als ReNo gemacht habe und das Praktikum ist ja dafür da, Einblicke als Jurist zu erhalten. Mal sehen wie später alles hinkommt mit Arbeit etc. Du hast die Praktika ja auch gemacht, obwohl du Berufstätig warst... also könnte es ja zu schaffen sein :-D
 
Da ich nun auch meine Pflichtpraktika hinter mich gebracht habe, folgt auch ein kleiner Beitrag zur Ergänzung von mir.:-D (Wobei ich auf den Bericht #1 von @EjPler in Gänze verweisen möchte und nur das erwähne, was vielleicht bei mir anders war!)


Wie bekommt man einen Praktikumsplatz?

Ich habe mich Anfang des 3. Semesters bei Gerichten und Verwaltungen beworben. Kommunalverwaltungen schienen dabei weit mehr im voraus zu planen („In zwei Jahren haben wir noch einen Platz frei“) als die Gerichte („Das ist ja noch drei Monate hin. Fragen Sie in zwei Monaten nochmal nach!“).

Generell sollte man in der Nähe von Jura-Präsenzunis sich rechtzeitig um einen Platz kümmern, allerdings kann man dort manchmal auch als Gast an den Gruppenpraktika der Präsenz-Unis teilnehmen.


Wie läuft das Praktikum ab?


Rechtspflege:

Ich war in den Semesterferien im 4. Semester im Arbeitsgericht. Dort durfte ich hauptsächlich an den Verhandlungen teilnehmen und (selten) auch die Akten einsehen. Insgesamt war es höchst interessant, wenn man sich ein bisschen im Arbeitsrecht auskennt. (Die andere Praktikantin hatte noch kein Arbeitsrecht gehört - dann sind das u.U. böhmische Dörfer!) Toll fand ich gerade die prozessualen Unterschiede zum Zivilprozess, dass z.B. ein Versäumnisurteil schon in der Güteverhandlung ergehen kann. Der Vorteil bei Gericht war für mich vor allem die kurze Arbeitszeit und dass man gleich eine Vielzahl Anwälte kennenlernt, was natürlich bei einem Praktikum in der Kanzlei relativ beschränkt wäre!

Ich habe sogar - nach 20 Jahren - den Anwalt, der bei mir auf der Schule damals die Rechtskunde AG geleitet hatte, wiedergetroffen! (Die Welt ist ein Dorf!)


Verwaltung:

In den Semesterferien im 5. Semester war ich im Rechtsamt der Kommunalverwaltung. Dort war ich die einzige Praktikantin, durfte aber vom ersten Tag alles machen! Behördliche Klageerwiderungen schreiben, zu Gerichtsterminen und Ortsterminen fahren, Vermerke verfassen, Satzungen überarbeiten und das auch in den exotischsten Rechtsgebieten, die man sich vorstellen kann: Jagdrecht, Straßenverkehrsrecht, Beamtenrecht, Naturschutzrecht, Asylrecht etc.

Ich durfte alles das machen, was die Referendare auch machen! Und man fühlt sich echt geadelt, wenn der Schriftsatz, den man gerade verfasst hat, in unveränderter Form an das Verwaltungsgericht rausgeht! Nachteilig sind in den meisten Verwaltungen (das Finanzamt hatte mir das gleiche angedroht), dass man die Kernarbeitszeit (quasi Vollzeit) einhalten soll. Das war jetzt aber auch nicht schlimm, weil ich mich wirklich nicht gelangweilt habe!

Vereinbarkeit mit Klausuren:
Leider muss das Praktikum in den Semesterferien stattfinden, wo auch unsere Klausuren liegen. Trotz Nachfragen beim Justizprüfungsamt und der Fernuniversität wird sich daran wohl auch nichts ändern. Auf meine Frage, ob man zumindest nicht für den Klausurtag einen Anspruch auf Freistellung vom Praktikum habe, reagierte das JPA Hamm total abweisend, dass das Praktikum nicht durch so etwas gestört werden dürfte. Pflicht wäre die Anwesenheit im Praktikum - nicht bei der Klausur... Also bleibt uns nichts anderes übrig, als bei den Praktikumsstellen darum zu betteln, ob man mal einen Tag abgängig sein darf!

Fazit:
Insgesamt aber waren die Praktika eine super Erfahrung, gerade für mich, die ich nicht beruflich schon in diesem Feld unterwegs bin! Auch und gerade die Tatsache, dass man das Jurastudium parallel zum Job im Fernstudium durchzieht, ist durchweg auf positive Resonanz und Interesse gestoßen. Mir persönlich hat es unheimlich viel Mut gemacht und ich bin mir jetzt ein wenig sicherer, dass der eingeschlagene Weg nicht komplett verkehrt ist!
 
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