Frage zu Modul/Klausur Verjährungsfristen?

Ort
Rhein-Main-Gebiet
Studiengang
B.Sc. Wirtschaftswissenschaft
ECTS Credit Points
180 von 180
Hallo zusammen,

ich tue mich momentan noch etwas schwer, einem Fall die richtige Verjährungsfrist zuzuordnen.
Mein Hauptproblem dabei ist vorallem, dass ich nicht verstehe, wann ich von der regelmäßigen Verjährungsfrist abweiche bzw. welche Verjährungsfrist ich dem konkreten Fall zuordnen muss. Dieses Problem rührt glaube ich daher, dass ich den §199 Absatz 3 und 4 nicht ganz verstehe und die Fälle aus den Aufgabenstellungen dementsprechend nicht richtig zuordnen kann.


zu §199:

Verstehe ich Absatz 1 und 2 richtig?
- Absatz 1 besagt nur, wann die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt
- Absatz 2 bestimmt dann für "Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens [...] beruhen", eine Verjährungsfrist von 30 Jahren und die geht direkt ab "Begehung der Handlung" los

Bei Absatz 3 hakt es dann...
- Es geht um "sonstige Schadensersatzansprüche"...aber was genau ist damit gemeint? Warum ist eine zerissene Jacke (Schlägerei) ein sonstiger Schadensersatzanspruch, ein Raubüberfall (ohne Verletzung, es wurde nur etwas geklaut) aber unterliegt der regelmäßigen Verjährung? Das will noch nicht so ganz in meinen Kopf.
- Und was ist der Unterschied zwischen Nr. 1 und Nr. 2?

- zu Absatz 4: was sind "Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a"? Also wann befinde ich mich in diesem Absatz 4 und nicht mehr bei der regelmäßigen Verjährungsfrist?

Alle anderen §§ und Absätze sind glaube ich soweit verständlich...aus denen geht für mich immer klar hervor, wann ich sie anwenden muss. Aber eben bei §199 Absatz 3 und 4 nicht.


Ich hoffe, dass hier jemand mehr Durchblick hat als ich und kurz vor der Prüfung noch helfen kann. ;-) :-)
 
Bei Absatz 3 hakt es dann...
- Es geht um "sonstige Schadensersatzansprüche"...aber was genau ist damit gemeint? Warum ist eine zerissene Jacke (Schlägerei) ein sonstiger Schadensersatzanspruch, ein Raubüberfall (ohne Verletzung, es wurde nur etwas geklaut) aber unterliegt der regelmäßigen Verjährung? Das will noch nicht so ganz in meinen Kopf.
Ich denke, bei keinem deiner beiden Beispiele geht es um "Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit", das klingt mir ernster.
Meiner Meinung nach ist der Absatz 2. für Schadenersatz für eine Verletzung (z.B. für Behandlungskosten) oder einen Behandlungsfehler (z.B. für Zweitbehandlung zur Beseitigung des Schadens), nicht für die Reparaturkosten der Jacke.

- Und was ist der Unterschied zwischen Nr. 1 und Nr. 2?
Ja, Absatz 1 sagt wann die Verjährung beginnt.

Absatz 2 und 3 sagen, wann die Verjährung spätestens endet, Absatz 2 gilt für Schadensersatz für alle "Verletzungen des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit", während Absatz 3 für Schadensersatz für alle sonstigen Gründe gilt.
Sie geben also Höchstgrenzen vor.

Die 30 Jahre sind die absolute Höchstgrenze, also für lang zurückreichende Rechtsgeschäfte.

"Andere Schadensersatzansprüche: § 199 Abs. 3 BGB kennt neben einer Maximalfrist von 10 Jahren (Nr. 1) noch in Nummer 2 eine weitere Frist, nach der der Anspruch auf Schadensersatz spätestens 30 Jahre nach der zum Ersatz führenden Handlung verjährt. Es gilt jeweils die frühere Frist." (Quelle)

Ein Beispiel von der Jura Abteilung der Uni Hamburg:
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Pfusch beim Testament: Am 10.01. 2002 entwirft Rechtsanwalt Ratlos ein Testament für den reichen Unheim. In diesem Testament wird der Neffe Johann als Alleinerbe eingesetzt. Als Unheim 2031 stirbt, stellt sich heraus, dass Ratlos die Formerfordernisse nicht richtig erkannt hat, so dass Unheims Frau alles erbt und Johann leer ausgeht. In seiner im Juni 2032 eingelegten Klage verlangt er Schadensersatz von Ratlos, dieser beruft sich auf Verjährung.

AGL: §§ 280, 631 BGB, aber Verjährung. Zwar sind noch keine 3 Jahre (gem. § 195 BGB) ab Schadenseintritt vergangen, erst recht noch keine zehn Jahre (§ 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB), aber schon dreißig Jahre ab der pflichtverletzenden Handlung gem. § 199 Abs. 3 Nr. 2 BGB.
Der Anspruch ist also verjährt.​

- zu Absatz 4: was sind "Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a"? Also wann befinde ich mich in diesem Absatz 4 und nicht mehr bei der regelmäßigen Verjährungsfrist?
Andere Ansprüche als Schadensersatzansprüche verjähren gemäß § 199 Abs. 4 BGB spätestens in 10 Jahren, beginnend mit der Entstehung des Anspruchs.

Wenn es also nicht um Schadensersatz geht, springst Du direkt in Absatz 4.

Wird recht nett hier erklärt.

Hier noch eine Übersicht über alle möglichen Verjährungsfristen (Quelle):

Die wichtigsten Verjährungsfristen im Überblick:

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Die Verjährung führt nicht zum Erlöschen des Anspruchs. Sie begründet lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht, das der Schuldner im Gerichtsprozess im Wege der Einrede geltend machen muss. Es bleibt also dabei, dass das Gericht die Verjährung nicht von Amts wegen berücksichtigt.
 
Danke erstmal für die Antwort...aber ich habe das Gefühl, dass noch nicht ganz klar war, was mein eigentliches Problem mit dieser Verjährungsgeschichte ist...vllt. wird es mit den folgenden Fragen verständlicher?! :confused:

Ich denke, bei keinem deiner beiden Beispiele geht es um "Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit", das klingt mir ernster.
Meiner Meinung nach ist der Absatz 2. für Schadenersatz für eine Verletzung (z.B. für Behandlungskosten) oder einen Behandlungsfehler (z.B. für Zweitbehandlung zur Beseitigung des Schadens), nicht für die Reparaturkosten der Jacke.
Richtig, bei keinem der Beispiele geht es um die Verletzung des Lebens etc. Deshalb ist es nicht Absatz 2. Das ist mir ja klar. Absatz 2 sitzt inzwischen...also wann ich was dem Absatz 2 zuordne, habe ich verstanden.
Die Frage war eher, warum die zerissene Jacke Absatz 3 Nr. 1 ist (also 10 Jahre) und der Raubüberfall Absatz 1, also regelmäßige mit 3 Jahren. Ich verstehe nicht, wann ich in Absatz 3 springe, sodass aus der regelmäßigen Verjährungsfrist dann 10 bzw. 30 Jahre werden. :dejection:


"Andere Schadensersatzansprüche: § 199 Abs. 3 BGB kennt neben einer Maximalfrist von 10 Jahren (Nr. 1) noch in Nummer 2 eine weitere Frist, nach der der Anspruch auf Schadensersatz spätestens 30 Jahre nach der zum Ersatz führenden Handlung verjährt. Es gilt jeweils die frühere Frist." (Quelle)
Der Inhalt von Absatz 3 Nr. 1 und Nr. 2 ist mir jetzt schonmal etwas bewusster geworden. Also dass es um Höchstgrenzen geht.
Aber ich erkenne noch immer keinen richtigen Unterschied zwischen Absatz 3 Nr. 1 und Nr. 2 abgesehen von der Frist. Also für mich geht nicht hervor, wann ich in Nr. 1 bin und wann in Nr. 2 - also wann sind 10 Jahre die Höchstgrenze und wann 30?

Ich kann ja nicht willkürlich darüber entscheiden, es muss doch eine Regelung geben. Genauso wie man weiß, dass man bei Verletzung des Körpers in Absatz 2 landet oder bei Herausgabeansprüchen aus Eigentum in §197 Absatz 1 Nr. 1, muss es doch auch eine Regelung geben, wann ich in §199 Absatz 3 Nr. 1 bzw. Nr. 2 wähle...und wann ich mich überhaupt in Absatz 3 und nicht mehr bei der regelmäßigen Verjährungsfrist befinde (siehe meine Frage oben).


Andere Ansprüche als Schadensersatzansprüche verjähren gemäß § 199 Abs. 4 BGB spätestens in 10 Jahren, beginnend mit der Entstehung des Anspruchs.

Wenn es also nicht um Schadensersatz geht, springst Du direkt in Absatz 4.
Soweit klar...aber selbes Problem wie oben: woher weiß ich, dass ich nicht in Absatz 1 bei der regelmäßigen Verjährungsfrist bleibe, sondern in Absatz 4 springen muss?
 
Der Unterschied zwischen Absatz 1 und dem Rest ist die Kenntnis.
Falls also nach dem Zeitpunkt an dem Kenntnis eingetreten ist, schon Rumpfjahr + 3 Jahre vergangen sind (Verjährungsdatum = Jahresende + 3 Jahre), kann man sofort aufhören.
Falls nicht, springt man in Absatz 3.

In dem Testamentsbeispiel muß man wie folgt abprüfen:

  1. Absatz 1: 2031 erhält Johann Kenntnis von dem Fehler → regelmäßige Verjährung würde starten am 1.1.2032 und laufen bis 31.12.2034.
  2. Absatz 2: trifft nicht zu
  3. Absatz 3, Nr. 1: 10 Jahre nach Entstehung. Entstehung ist die "Enstehung des Problems", hier also der Moment an dem das Testament aufgemacht wurde und nicht den gedachten Sinn erfüllte, sprich beim Tod des Onkels in 2031 → Verjährung = genaues Datum Testamentseröffnung + 10 Jahre.
  4. Absatz 3, Nr. 2: 30 Jahre ab Begehung der Handlung, das ist ab dem 10.1.2002, also ab dem Datum, an dem der Anwalt das Testament geschrieben hat, also ab wann die Ursache des Problems war → Verjährung am 10.1.2032.
Jetzt schaut man sich alle obigen Punkte an, und wenn laut irgendeinem die Tat verjährt ist, dann hat Johann Pech gehabt.

Das ist der Fall laut Absatz 3, Nr. 2, denn die Verjährung wäre erst durch die Klageerhebung gehemmt, dafür war es aber im Juni 2032 zu spät, da waren die 30 Jahre ab "Begehung der Handlung" nämlich schon vorbei → es ist verjährt.
 
Mein letzter Beitrag hat sich nun weitestgehend erledigt.
Nachdem sich mein Freund das hier auch nochmal durchgelesen hat, konnte er es mir dann doch irgendwie verständlich machen (nach einigem Hin und Her, was persönlich manchmal einfach besser möglich ist als im Forum). :-D

Aber eine Frage bleibt noch :-) Fällt dir vielleicht ein konkretes Beispiel für §199 Absatz 4 ein? Dann könnte ich diesen Absatz nämlich auch als komplett verstanden abhaken. :angel:


Edit: Dieser und dein letzter Beitrag haben sich nun überschnitten...
 
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