Sonstiges Zusicherung vs. Verwaltungsakt

Ort
Reutlingen
Studiengang
Bachelor of Laws
ECTS Credit Points
210 von 210
2. Studiengang
B.Sc. Informatik
ECTS Credit Points
0 von 180
Mal ne Frage, die mir auch aus beruflichem Interesse nach Absolvierung dieses Moduls noch übrigbleibt:

Was ist denn in der Leistungsverwaltung in der Praxis der Unterschied zwischen einer Zusicherung und dem VA selbst?
Also im Sachverhalt... die Formunterschiede und rechtliche Einordnung weiß ich.

Aber wenn jemand sagt: "Ja, dass ist kein Problem, die Kosten übernehmen wir".

Dann wäre das als VA auch mündlich wirksam, rechtlich bindend und nur unter den strengen Voraussetzungen des § 49 VwVfG widerrufbar.
Wenn der Behördenmitarbeiter aber nun behauptet, das sei ja nur eine Zusicherung gewesen, dass eine Kostenübernahme erfolgt und die sei schließlich nicht wirksam weil sie gem. § 38 I 1 der Schriftform bedarf, ist der ganze Vertrauensschutz dahin?

Das widerspräche doch komplett dem Sinn und Zweck der §§ 48 ff.... ?

Warum gibts dann den 38 I 1?

Also rechtsdogmatisch ist mir das klar. Wenn man unter dem Prüfungspunkt "Regelung" feststellt, dass noch keine verbindliche Rechtsfolge gesetzt werden sollte, ist das eine Zusicherung. Wobei das irgendwie Quark ist, weil doch auch die Bindung daran, einen bestimmten VA erlassen zu müssen, eine Rechtsfolge darstellt (aber die VA-Qualität der Zusicherung ist ja auch umstritten.)
Und im oberen Fall müsste aus objektiviertem Empfängerhorizont eigentlich auch der Wille, eine verbindliche Rechtsfolge bzg. der Leistung selbst setzten zu wollen, bejaht werden, ergo doch VA und keine Zusicherung iSd. § 38 I 1, oder?

Aber für welche komischen Sachverhalte gibts denn den 38 I 1? Und warum muss eine Zusicherung schriftlich sein, wenn der VA selbst mündlich möglich ist?
 
Fleißig, junge Frau!

Ich hatte mich immer so gerettet, dass die Zusicherung die Zusage ist, einen VA zu erlassen oder eben nicht zu erlassen.
Die Zusicherung selbst ist kein VA. Dies folgt schon aus der entsprechenden Geltung der Regelungen über VAe nach 38 II.
Es ergibt sich aber eine Bindungswirkung wegen 38 III.

Schriftformerfordernis kann ich dir nicht gut erklären, evtl. aus Beweisgründen? Oder aber auch in Abgrenzung zum schlichten Verwaltungshandeln und weil eben auch sich Rechtsfolgen ergeben.

Liebe Grüße,
Jan
 
Ich hab mal nachgelesen:

... Nach heute überwiegend vertreteber Absicht werden Zusicherungen jedoch als VA'e angesehen, weil es sich um verbindliche (einseitige) Regelungen handelt, durch die Rechte und entsprechende Pflichten begründet werden. ...

Suckow/Weidemann - Allgemeines Verwaltungsrecht und Verwaltungsrechtschutz, RndNr 345

Danach liegt also bei der Zusicherung ein VA vor, und ich sehe in dieser Abhandlung auch nichts, die eine mündliche Regelung untersagen würde...
 
Ich hab mal nachgelesen:

... Nach heute überwiegend vertreteber Absicht werden Zusicherungen jedoch als VA'e angesehen, weil es sich um verbindliche (einseitige) Regelungen handelt, durch die Rechte und entsprechende Pflichten begründet werden. ...

Suckow/Weidemann - Allgemeines Verwaltungsrecht und Verwaltungsrechtschutz, RndNr 345

Danach liegt also bei der Zusicherung ein VA vor, und ich sehe in dieser Abhandlung auch nichts, die eine mündliche Regelung untersagen würde...

Ich mache mich gern noch einmal schlauer, als ich es heute bin.

Jedoch bleibe ich bei meiner Ansicht von heute Mittag, dass die Zusage selbst kein VA ist. Ich selbst halte die Schilderung im Lehrbuch für zu kurz gegriffen, weil ja nach 38 VwVfG die Regelungen doch entsprechend gelten sollen. Wäre eine Zusicherung nun selbst ein VA, bräuchten wir doch gerade keine entsprechende Anwendung.

Ich gehe aber sofort wieder in mein Körbchen, wenn ich ein verdammt gutes Argument bekomme, das ich auch verstehe :-)
 
Also Obermayer,VwVfG, § 38 sagt dazu sinngemäß folgendes :
Der Gesetzgeber wollte die Frage, ob eine Zusicherung ein VA ist bewussst nicht entscheiden. Die Rechtsprechung sieht in der Zusicherung einen VA, weil die Behörde eine bindende Selbstverpflichtung (und damit eine Regelung) eingeht, der Formulierung in Abs. 2 kommt nur klarstellende Wirkung zu.

Zum Sinn einer Zusicherung: Die Zusicherung ist für Fälle gedacht in denen ein VA erst zu einem späteren Zeitpunkt in Betracht kommen kann, der Betroffene jedoch ein berechtigtes Interesse daran hat, eine verbindliche Zusage über künftiges Vorgehen zu erhalten.


Sinn der Schriftform : Die weitreichenden Folgen der Zusicherung- vor allem wegen der Bindungswirkung - erforderten, dass die Behörde sich über deren Inhalt und Umfang klar wird und keine übereilten Zusagen erteilt. Außerdem soll die Schriftform für Rechtssicherheit sorgen, weil dann um den genauen Inhalt der Zusicherung nicht mehr gestritten werden kann.


Zum Fall im ersten Post :

Wenn einer sagt : "Die Kosten übernehmen wir." Dann ist die Aussage auszulegen. Sollte damit ausgedrückt werden
1) Wenn es soweit ist, werden wir einen Verwaltungsakt erlassen, in dem wir feststellen, dass und in welcher Höhe die Kosten übernommen werden
2) wir stellen jetzt schon verbindlich fest, dass wir die Kosten übernehmen werden. Nur über die Höhe der Kostenerstattung werden wir noch einen weiteren Verwaltungsakt erlassen.

Man müsste dann prüfen, wie ein verständiger Dritter die Erklärung auslegen würde. Dabei sind die Begleitumstände zu berücksichtigen. Also kommt es darauf an (wie so oft) .
 
:-)
Ich danke Euch!

So ähnlich hatte ich ja auch schon gedacht. Die Zusage muss ausgelegt werden, ob sie als der gewünschte VA verstanden werden musste oder als Zusicherung, den gewünschten VA zu erlassen.

Wenn die Zusicherung dann für Fälle gedacht ist, in denen der gewünschte VA noch nicht erlassen werden kann, (das war die Info die ich gesucht hatte... :danke:) dann muss man doch im Umkehrschluss in einem SV, in dem alle notwendigen Informationen und sonst. Voraussetzungen vorliegen, um den gewünschten VA zu erlassen, die Aussage der Behörde, Kosten zu übernehmen, im Regelfall
dahingehend auslegen können, dass eine solche Kostenzusage der gewünschte VA ist.

Ich stelle jedenfalls fest, dass die Praxis noch
komplexer ist, als die ja schon wirklich einfallsreichen Klausuren ...
 
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