Lernmaterial Bilanztheorie: Gewinn in realen Währungseinheiten (Aufgabe 2, Kap. 3.7, S. 64)

Münchner Kindl

Tutorin und Forenadmin
Ort
München
Studiengang
M.Sc. Wirtschaftswissenschaft
ECTS Credit Points
120 von 120
Es wurde im Moodle eine Frage gestellt:

Hallo zusammen,

kurz vor der Klausur bin ich noch auf eine Ungereimtheit bei einer Aufgabe bzgl. den EK-Defiinitionen gestoßen:

In der Lösung zur Aufgabe 2 des Kapitels 3 (Lösung ab S. 172) wird im ersten Schritt nach den 3 wichtigsten EK-Definitionen ein Gewinn berechnet. Dies ist unproblematisch. Aufgrund des korrigierten Wareneinsatzes bei der realen bzw. substantiellen werden die folgenden Gewinne berechnet:

nominal: 2 Mio.
real: 1,6 Mio. (Korrekturfaktor auf Wareneinsatz: 1,2)
substantiell: 1 Mio. (Korrekturfaktor auf Wareneinsatz: 1,5)

In diesen Gewinnen wurden also die unveränderten Umsatzerlöse übernommen und mit bereits korrigierten Wareneinsätzen gekürzt.

Im Zweiten Schritt wird nun jedoch in der Lösung (unter "d. Gewinn unter Berücksichtigung des Scheingewinns") ein "Gewinn in der jeweiligen Einheiten" berechnet. Für diese Zwecke wird auf die oben aufgeführten Gewinne nochmals der jeweilige Korrekturfaktor angewandt. Die sich daraus ergebenden Gewinne betragen:

real: 1,33 Mio (1,6 Mio / 1,2)
substantiell: 0,6 Mio (1 Mio / 1,5)

Dieses Vorgehen kann ich so nicht nachvollziehen, da so die Kaufkraftveränderung auf den Wareneinsatz doppelt angewandt wird (die vormals berechneten Gewinne wurden ja bereits bzgl. des Wareneinsatzes um die Kaufkraftänderung korrigiert).

Falls die Umsatzerlöse (vereinfachend) am 31. 12. realisiert sind, handelt es sich ja bereits um aktuelle Werte, die keiner Korrektur mehr bedürfen. Die nötige Äquivalenz zwischen Wareneinsatz und Umsatzerlösen ist durch die Korrektur des Wareneinsatzes bereits hergestellt und es wird bereits das Preisniveau des 31.12. abgebildet.

Falls die Umsatzerlöse im Laufe des Jahres angefallen sind, wären diese noch auf das Preisniveau des 31.12. anzupassen. Dafür wären m.E. jedoch nur die Umsatzerlöse zu korrigieren und anschließend mit dem oben angewandten (bereits korrigierten) Wareneinsatz zu verrechnen.

Ich würde mich hier über eine weitere Einschätzung freuen.​
 
Die Lösung stimmt.
So etwas kam schon mal in Makroökonomie vor.

Es wird vielleicht etwas leichter, wenn Du es Dir als 2 Währungen vorstellst.

Am Anfang des Jahres hat man 2 Mio €, die 2 Mio Dollar wert waren, also Umtauschkurs 1 Dollar = 1€.
Waren kann man aber nur in Dollar kaufen, also hat er am Anfang der Periode, seine 2 Mio € in Dollar umgetauscht, und direkt von dem ganzen Betrag Waren gekauft, sagen wir 2 Tonnen feinsten Madagascar-Pfeffer.

Also interessiert uns immer, wieviele Dollar unsere Erlöse wert sind, denn nur mit Dollar können wir was anfangen.

Falls der Umtauschkurs am Ende des Jahres 1 Dollar = 1,20 € ist, dann müßten wir, um die gleiche Menge an Waren, also wieder 2 Tonnen Pfeffer, zu kaufen (= ihr Beschaffungspreis in Dollar ist unverändert 2 Mio Dollar), 2,4 Mio € aufwenden.
Wenn wir also 4 Mio € für unsere Waren bekommen haben, dann ist der reale Gewinn, der über die Geldentwertung hinaus geht:
Gewinn ist ja nur alles, was über unsere Wiederbeschaffungskosten, die hier 2,4 Mio € sind, hinaus geht. Also zwacken wir schon mal 0,4 Mio € von unserem nominellen Gewinn 2 Mio € ab, die wir in eine Kaufkraftrücklage stecken, um diesen Geldwertverlust zu kompensieren.
Gewinnreal
= Umsatz - nomineller Warenaufwand - Kaufkraftrücklage
= Umsatz - 2 Mio € - 0,4 Mio €
= Umsatz - realer Warenaufwand
= 4 Mio € - 2,4 Mio €
= 1,6 Mio €.

Schön und gut, wir haben also in Realität 1,6 Mio € Gewinn gemacht.

Die Frage ist nur, für was sind die verbliebenen 1,6 Mio € gut?
Mit unseren € können wir ja nichts anfangen, der Dollar ist die Weltwährung, nur in Dollar können wir Waren kaufen, unsere € will keiner.

Also kommt die Frage auf, wieviel sind diese 1,6 Mio € in Dollar (= realen Währungseinheiten) wert?
Wir wollen ja dieses Geld wieder investieren, also arbeiten lassen, indem wir wahrscheinlich wieder Handelswaren kaufen!

Antwort: $\frac{1,6}{1,2}$ = 1,33 Mio Dollar

Das heißt, von den 1,6 Mio € können wir nur 1,33 Tonnen feinsten Madagascar-Pfeffer für unser nächstens Handelsgeschäft kaufen.
 
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