Plauderecke Ein Platz für das Rechtsreferendariat- ein langer und bürokratischer Weg

Studiengang
Erste Juristische Prüfung
Das erste Examen ist erfolgreich absolviert, das Jurafernstudium beendet: volle Konzentration auf das Rechtsreferendariat!!
Das Schwerpunktszeugnis beim Prüfungsamt ist beantragt, nach kurzer Wartezeit damit dann das Gesamtzeugnis beim JPA beantragt und endlich hat man die vermeintlich schwerste Hürde vor dem Ref genommen. Hatte man während des Studiums schon mit dem Chaos diverser Prüfungsordnungsänderungen (LLB, EJP Zwischenprüfung, Zulassungsvoraussetzungen Examen) zu kämpfen gehabt, so wäre der nächste Schritt jetzt doch bestimmt wesentliche einfacher. Ein Irrglaube, wie sich bereits während der Examensvorbereitung zeigte. Im Juni 2024 kündigte das Justizministerium NRW völlig unerwartet eine Kürzung der Referendariatsplätze an: von 4.700 zu Coronazeiten, ansonsten um die 3.800 auf 3.000. Macht eine Kürzung von mindestens 20 Prozent. Der Aufschrei war groß, die Kürzung wenig nachvollziehbar und viel ist darüber geschrieben worden.

Schreiben wir Mitte 2025: Die offiziellen Wartezeiten für das OLG Hamm sind schlagartig von ursprünglich 3 auf 14 Monate gestiegen. Das bedeutet: bewerbe ich mich heute (Oktober 2025) müsste ich bis zum 1. Februar 2027 warten, um überhaut einen Referendariatsplatz zu bekommen. Dabei kann man auch nur Ortswünsche angeben, die konkrete Zuteilung zu einem Landgericht erfolgt dann durch das OLG. Die Zusage erfolgt i.d.R. 6 Wochen vor dem Einstellungstermin, ein Träumchen für Planungssicherheit, Überbrückungsarbeitsverhältnis, Wohnungssuche und Umzug.

Kommt man auf die Idee, dass man sich doch in den Nachbarbundesländern bewerben könnte, bietet sich mittlerweile ein vergleichbares Bild.
Bestanden bislang in Niedersachsen und Hessen keine bzw. sehr kurze Wartezeiten, so sind diese jetzt ebenfalls in die Höhe geschossen. Beim OLG Celle werden die Noten für ein Direktangebot regelmäßig veröffentlicht. Zum 01.12.2025 gab es 68 Stellen, auf die sich 404 Personen beworben haben, davon standen schon 130 Bewerber auf der Warteliste. Da in Niedersachsen nur alle drei Monate eingestellt wird, beträgt die inoffizielle Wartezeit jetzt wohl an die 9 Monate und aufwärts. Die 400 Bewerbungen jetzt dürften einen neuen Rekord darstellen. Man erkennt, dass die NRWler vermehrt nach Niedersachsen strömen, sodass die Kapazitäten dort ebenfalls erschöpft werden.

In Hessen wird die offizielle Wartezeit auch bereits mit 6 Monate angegeben. Inwiefern dies jetzt noch aktuell ist, bleibt unter Verweis auf die vielen Posts im Forum dann doch zweifelhaft. Ein paar "Funfacts" zu Hessen: Die Bewerbung erfolgt beim jeweiligen LG direkt. Die Unterlagen wie Lebenslauf, Geburtsurkunde etc. müssen zweifach eingereicht werden. Dazu noch zwei Passbilder und ein Führungszeugnis. Der Knaller ist, dass ein handschriftlich geschriebener und unterschriebener Lebenslauf zweifach eingereicht werden muss. Dafür wird man in Hessen verbeamtet und hat eine ZivilR Klausur im Arbeits- oder Wirtschaftsrecht.

Generell unterscheiden sich die Anforderungen für die Bewerbung und die Prüfungsordnungen zwischen den einzelnen Bundesländern teils erheblich. Niedersachsen hat beispielsweise nur eine verpflichtende StrafR Klausur, dafür dann eine Wahlklausur zwischen StrafR und ÖR. Dabei auch weniger Klausurtypen, das Thema des Aktenvortages wählt man anhand der Wahlstation und die Mündliche Prüfung zählt 40 %. Dafür gibt es dort immer noch keine e-Klausur. In BW gibt es gerüchteweise noch die kürzeste Wartefrist, allerdings gibt es dort dann auch eine "Überraschungsklausur" aus einem der drei Rechtsgebiete. In jedem Bundesland werden die Plätze anders verteilt: ein Teil nach Examensnote, oder nur nach Warteliste, oder mit Bonuspunkten für Freischuss, Landeskinder etc. Je mehr man sich mit den unterschiedlichen Refs beschäftigt, desto abenteuerlicher wird es.

Man hat also zusammengefasst das Vergnügen, dass man eine nicht absehbare Wartezeit hat, bis eine Woche vor Ref-Beginn noch eine Zusagen bekommen könnte, dabei nicht mal den genauen Ort bestimmen kann, zugleich allein für die Bewerbung einige unterschiedliche bürokratische Hürden überwinden muss und am Ende noch unterschiedlichste Ausbildungspläne und Prüfungsordnungen hat. Vom Bonus, dass man das Führungszeugnis während der Wartezeit regelmäßig erneuern muss (13 € je Antrag), ganz zu schweigen.

Wer also schon das Jurastudium, die Fernuni, oder das JPA als bürokratisch empfand: Es wird noch viel viel schlimmer ;-) Wer dazu noch auf ein schnelles Ref gehofft hat, gerade weil wir Fernstudis oftmals auch schon mittleren Alters sind und ggf. die Altersgrenzen für eine spätere Verbeamtung nach dem Ref einhalten wollen, der hat es aktuell wirklich schwer.
 
Zurück
Oben