Klausuraufgaben Klausur 2025

Hochschulabschluss
Diplom-Verwaltungswirt (FH)
2. Hochschulabschluss
Bachelor of Laws
Studiengang
Master of Laws
Einmal für die Nachwelt.

Es war eine E-Klausur als open-book Klausur, mit Bildschirmfreigabe.

2 Stunden plus je 5 Minuten Vor- und Nachbereitung.
 

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Gutachten


Ob der Insolvenzverwalter I von M die Rückgewähr der von F zwischen dem 01.01.2020 und dem 10.12.2024 geleisteten Zahlungen verlangen kann, richtet sich nach § 143 Abs. 1 InsO in Verbindung mit den Anfechtungstatbeständen der §§ 129 ff. InsO. Die Insolvenzanfechtung setzt eine vor Verfahrenseröffnung vorgenommene Rechtshandlung voraus, die die Insolvenzgläubiger objektiv benachteiligt; sie dient der Wiederherstellung gleichmäßiger Gläubigerbefriedigung durch Rückführung masseschmälernder Dispositionen in die Masse. Der Begriff der Rechtshandlung ist weit, erfasst jedes willentliche Verhalten mit Rechtsfolgen und damit auch die von F an M veranlassten monatlichen Überweisungen. Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn infolge der Handlung das haftende Vermögen verkürzt wird oder der Gläubigerzugriff erschwert wird; der Abfluss liquider Mittel ohne wertgleichen Rückfluss ist regelmäßig benachteiligend. In systematischer Einordnung betont das herangezogene Lehrdokument diese Grundsätze sowie den Charakter der Anfechtung als massewahrendes Instrument.






Zeitlich ist die Vornahme der jeweiligen Rechtshandlung nach § 140 Abs. 1 InsO dem Zeitpunkt zuzuordnen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Bei Zahlungsvorgängen ist damit grundsätzlich auf die Gutschrift beim Empfänger abzustellen, weil erst dann der rechtserhebliche Erwerb zu Lasten der Masse vollendet ist. Das Skript arbeitet den Grundsatz des § 140 Abs. 1 sowie die gesetzlich geregelten Ausnahmen des § 140 Abs. 2 und 3 InsO heraus, die die Vornahme bei Grundbuch- und Registergeschäften sowie bei bedingten Rechtsgeschäften vorverlegen, sobald der Erwerber eine insolvenzfeste Position erlangt hat. Für den vorliegenden, rein schuldrechtlichen Zahlungsfluss greifen keine Ausnahmen; maßgeblich ist die jeweilige Gutschrift, mithin etwa für Oktober 2024 die Zahlung vom 10.12.2024.






Ausgehend davon, dass M in den Jahren 2020 bis 2022 ordnungsgemäß leistete, im Jahr 2023 nur noch abnehmend und ab Januar 2024 gar nicht mehr, sind die Zahlungen dogmatisch in drei Phasen zu prüfen. In der ersten Phase (2020–2022) stand den Zahlungen eine gleichwertige Beratungsleistung gegenüber, so dass ein Austausch im Regelfall als entgeltlich zu bewerten ist; es spricht viel dafür, diese laufenden, zeitnah ausgeglichenen Austauschgeschäfte als bargeschäftsnahen Verkehr zu verstehen. In dieser unkritischen Zeit fehlt es typischerweise an Benachteiligungsvorsatz und an den besonderen subjektiven Voraussetzungen der Deckungsanfechtung. In der zweiten Phase (2023) verringerte sich der Leistungsumfang merklich; hier ist die Entgeltlichkeit nur noch anteilig gegeben, der überschießende Teil der monatlichen Vergütung führt zu einem unentgeltlichen Überhang. In der dritten Phase (ab Januar 2024) erbrachte M keinerlei Gegenleistung; die fortgezahlten 2.500 € monatlich stellen damit genuin unentgeltliche Zuwendungen dar.


Auf der Tatbestandsebene ist § 134 InsO vorrangig zu erwägen. Nach § 134 InsO sind unentgeltliche Leistungen, die innerhalb von vier Jahren vor Insolvenzantrag vorgenommen wurden, anfechtbar; weitere subjektive Voraussetzungen wie Krise, Vorsatz oder Kenntnis sind nicht erforderlich. Unentgeltlichkeit liegt vor, wenn der Anfechtungsgegner für die Leistung des Schuldners keine eigene, der Schuldnerleistung entsprechende Rechtsposition aufgibt; die Gleichwertigkeit ist objektiv zu beurteilen, wobei den Parteien ein begrenzter Einschätzungsspielraum verbleibt. Das Skript referenziert hierzu die Rechtsprechung des BGH und stellt klar, dass es auf den realen Wertausgleich ankommt und unentgeltliche Komponenten auch in Mischlagen herauszulösen sind. Überdies wird betont, dass die Vierjahresfrist vom Tag des Insolvenzantrags zurückzurechnen ist; hier sind damit sämtliche Leistungen ab dem 31.12.2020 erfasst, sodass die Zahlungen 2021 bis einschließlich Oktober 2024 in den zeitlichen Anwendungsbereich fallen.






Auf die Jahre 2024 und den unentgeltlichen Anteil 2023 angewandt, ist § 134 InsO erfüllt. Ab Januar 2024 stehen den Zahlungen keinerlei Dienste gegenüber; die Zuwendungen sind unentgeltlich. Für 2023 gilt Entsprechendes in Höhe des Differenzbetrags zwischen 2.500 € und dem objektiven Wert der tatsächlich erbrachten Beratung; insoweit liegt eine gemischte Zuwendung vor, die nach ständiger Ansicht im unentgeltlichen Überhang anfechtbar ist. Das Lehrdokument hebt ausdrücklich hervor, dass für die Unentgeltlichkeit maßgeblich ist, ob eine Gegenleistungspflicht des Empfängers besteht; fehlt sie oder ist die Gegenforderung wirtschaftlich wertlos, greift § 134 InsO durch.






Ein familienrechtlicher Einwand des M, die Zahlungen seien als Ehegattenunterhalt oder Taschengeld geschuldet gewesen, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Zwar bestehen in der Ehe gegenseitige Unterhaltspflichten, doch handelt es sich während intakter Lebensgemeinschaft regelmäßig nicht um konkret fällige, einklagbare Monatsgeldansprüche in Höhe fester Beträge, sondern um die Erfüllung des Familienunterhalts im Binnenverhältnis. Insolvenzanfechtungsrechtlich gelten keine besonderen Privilegien für eheliche Zuwendungen; das Skript betont, dass § 134 InsO die geringere Schutzwürdigkeit unentgeltlicher Erwerbe ohne Differenzierung nach der Person des Empfängers abbildet. Nur sozialadäquate Kleinstzuwendungen können nach § 134 Abs. 2 InsO ausgenommen sein; regelmäßige Überweisungen von 2.500 € übersteigen jede denkbare Bagatellgrenze. Soweit M eine rechtliche Verpflichtung von F behauptete, müsste er eine konkrete Gegenrechtsposition darlegen; diese ist nach dem Sachverhalt gerade nicht ersichtlich.






Neben § 134 kommt für die späte Krise die Vorsatzanfechtung des § 133 InsO in Betracht. § 133 Abs. 1 bis 3 InsO erfasst Rechtshandlungen des Schuldners bis zu zehn Jahren vor dem Antrag, wenn der Schuldner mit Benachteiligungsvorsatz handelte und der andere Teil diesen Vorsatz kannte. Der Vorsatz kann aus objektiven Umständen erschlossen werden. Nach gefestigter Rechtsprechung und wie im Skript ausgeführt, indizieren die Kenntnis der eigenen (drohenden) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sowie die Vornahme inkongruenter Leistungen den Benachteiligungsvorsatz; ernsthafte Sanierungsbemühungen können die Indizwirkung entkräften, an denen es hier fehlt. Die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Vorsatz kann über § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet werden, wenn er von der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Benachteiligung wusste; für Deckungshandlungen verschärft § 133 Abs. 3 Satz 1 die Schwelle auf die Kenntnis der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit. Das Skript stellt diese Vermutungsregeln, ihre Beweislastfolgen und die besonderen Erleichterungen bei nahestehenden Personen heraus. Angesichts der ehelichen Nähebeziehung (§ 138 InsO) ist die Annahme von Kenntnis des M von F’s Zahlungsunfähigkeit besonders naheliegend. Spätestens ab 2023 war F außerstande, wesentliche Teile ihrer Gläubiger zu bedienen; sie setzte gleichwohl aus bloß familiärer Motivation die Zahlungen fort. Diese Konstellation erfüllt die Vorsatzanforderungen, und M musste den Benachteiligungscharakter erkennen.







Für den besonders kritischen Zeitraum ab Oktober 2024 bis zum Antrag am 31.12.2024 greifen im Übrigen die Deckungstatbestände. Soweit man überhaupt von einem fälligen Vergütungsanspruch des M ausgeht, lägen kongruente Deckungen nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO vor, die in den letzten drei Monaten vor dem Antrag anfechtbar sind, wenn der Schuldner zahlungsunfähig war und der Gläubiger dies kannte. Das Skript arbeitet die Voraussetzungen einschließlich der Wissenszurechnung bei nahestehenden Personen und die Beweislastverteilung aus. Die Zahlung vom 10.12.2024 datiert im Dreimonatszeitraum; F war zahlungsunfähig, und M wusste dies. Schon aus § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ergibt sich damit die Anfechtbarkeit jedenfalls der letzten Zahlung, selbst wenn man sie als geschuldete Vergütung ansähe. Versteht man die Zahlungen mangels Gegenleistung als inkongruent, greift § 131 InsO. Inkongruente Leistungen im letzten Monat vor dem Antrag sind ohne weitere subjektive Voraussetzungen anfechtbar; im zweiten und dritten Monat reicht die objektive Zahlungsunfähigkeit oder ersatzweise die Kenntnis der Benachteiligung. Diese abgestuften Voraussetzungen und die daraus folgende weitgehende Anfechtbarkeit inkongruenter Schlusszahlungen stellt das Skript im Detail dar.










Das Bargeschäftsprivileg des § 142 InsO führt zu keinem anderen Ergebnis. Ein Bargeschäft setzt den unmittelbaren Austausch gleichwertiger Leistungen im engen zeitlichen Zusammenhang voraus; das Skript erläutert, dass der Gesetzgeber den Krisenverkehr schützen will, solche Geschäfte aber nur noch der Vorsatzanfechtung mit dem zusätzlichen Merkmal des erkannten unlauteren Handelns des Schuldners aussetzt. Schon tatbestandlich fehlt es hier ab 2023 an objektiver Gleichwertigkeit, da M keine oder nur deutlich geringere Gegenleistungen erbrachte. Zudem ist in der Schlussphase der enge zeitliche Zusammenhang durch das fortgesetzte Zahlen ohne reale Gegenleistung unterlaufen. Selbst wenn man isoliert einzelne Austauschvorgänge als bargeschäftsähnlich qualifizierte, stünde der Anfechtung das Unlauterkeitserfordernis nicht entgegen, weil F, erkennbar für M, nicht ordentlichen Geschäftsverkehr abwickelte, sondern eine gezielte Bevorzugung des Ehegatten in Kenntnis der Illiquidität praktizierte; das Skript hebt die Notwendigkeit eines erkannten unlauteren Handelns als zusätzliche Hürde für die Anfechtung eines echten Bargeschäfts hervor, die hier erfüllt wäre. Für die frühe Phase 2020–2022 bedarf es des Bargeschäftsprivilegs nicht, weil mangels Krise und Vorsatz eine Anfechtung ohnehin fernliegt.






Rechtsfolge einer erfolgreichen Anfechtung ist die Rückgewähr des Erlangten an die Masse nach § 143 Abs. 1 InsO. Bei Geld ist Wertersatz in gleicher Höhe zu leisten; Zinsen fallen nach § 143 Abs. 1 Satz 3 InsO nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des Verzugsrechts an. § 144 Abs. 1 InsO lässt eine durch Rückgewähr anfechtungsbedingt getilgte Forderung des Anfechtungsgegners wieder aufleben und zur Tabelle anmelden; damit wird der Anfechtungsgegner nicht schlechter gestellt als andere Gläubiger, sondern auf die Quote verwiesen. Das Skript stellt diese dogmatische Rückabwicklung nebst den Rechten des Anfechtungsgegners ausführlich dar und weist zugleich auf die engen Grenzen eines Entreicherungseinwands hin. Soweit allein § 134 InsO eingreift, sieht § 143 Abs. 2 InsO zwar einen Entreicherungsmaßstab vor, der jedoch entfällt, wenn der Empfänger beim Wegfall der Bereicherung wusste oder wissen musste, dass die Zuwendung die Gläubiger verkürzt; bei M ist dies jedenfalls für 2023/24 der Fall, da er seine fehlenden Gegenleistungen und die Krise der F kannte.






Auf zivilrechtliche Hilfskonstruktionen kommt es nicht an. Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung nach § 812 Abs. 1 BGB ist neben der InsO regelmäßig subsidiär; der speziellere insolvenzrechtliche Rückgewährmechanismus hat Vorrang. Nur für außerhalb der insolvenzrechtlichen Fristen liegende Zuwendungen, etwa aus dem Jahr 2020 vor dem 31.12.2020, könnte man an die schenkungsrechtliche Rückforderung wegen Verarmung (§§ 528, 529 BGB) denken; im Streitfall wird die Masse aber schon über § 134 InsO für 2021–2024 vollständig geschützt, so dass kein praktisches Bedürfnis entsteht.


Das Ergebnis ist wie folgt zusammenzufassen. Die Zahlungen in den Jahren 2021 bis einschließlich Oktober 2024 sind als unentgeltliche Leistungen nach § 134 InsO anfechtbar, weil es an einer objektiv gleichwertigen Gegenleistung fehlt, jedenfalls ab 2023 in erheblichem Umfang und ab Januar 2024 vollständig. Die Zahlung vom 10.12.2024 fällt zusätzlich unter die Deckungstatbestände der §§ 130, 131 InsO, da sie im Dreimonatszeitraum vor Antragstellung erfolgt ist, F zahlungsunfähig war und M als nahestehende Person die Krise kannte. Unabhängig davon greift für alle ab 2023 vorgenommenen Zahlungen die Vorsatzanfechtung des § 133 InsO, weil F in Kenntnis ihrer Zahlungsunfähigkeit M bewusst bevorzugte und M diesen Benachteiligungscharakter erkannte; die gesetzlichen Vermutungen der § 133 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 InsO stützen die Beweisführung, zumal die Nähebeziehung die Wissenszurechnung begünstigt. Das Bargeschäftsprivileg des § 142 InsO scheidet wegen fehlender Gleichwertigkeit und erkennbaren unlauteren Handelns aus. Der Rückgewähranspruch folgt aus § 143 Abs. 1 InsO; ein Entreicherungseinwand steht M jedenfalls für die kritische Zeit nicht zu, § 143 Abs. 2 InsO. Lediglich Zahlungen, die vor dem 31.12.2020 vorgenommen wurden, entziehen sich dem § 134 InsO wegen Ablaufs der Vierjahresfrist; mangels Anhaltspunkten für damaligen Vorsatz scheiden diese außerhalb der dargestellten Tatbestände aus. In der betragsmäßigen Konsequenz schuldet M die vollständige Rückzahlung sämtlicher im Jahr 2024 erhaltenen Monatsvergütungen sowie – für das Jahr 2023 – die Rückzahlung in Höhe des unentgeltlichen Überhangs; für 2021–2022 verbleibt es bei der Nichtanfechtbarkeit, soweit ein realer, gleichwertiger Leistungsaustausch vorlag. Dieses Ergebnis entspricht den vom Lehrdokument vorgestellten Strukturen zu Tatbeständen, Fristen, Bargeschäft, Vorsatz, Zeitanknüpfung und Rechtsfolgen der Insolvenzanfechtung.
 
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