EA 1 Modul 55109 Abgabetermin 17.11.2015

@esra In Hemmer/Wüst Handelsrecht 8. Auflage 02/08 S. 89 habe ich es nun auch gefunden. Unter dem Punkt Redlichkeit steht genau zu unserer Fallkonstellation: "...denn § 166 I BGB weist das Vertreterhandeln dem Gefahrenbereich des Vertretenen zu. § 166 I BGB ist also entsprechend anwendbar, auch wenn der Vertreter bei Abgabe der Willenserklärung selbst nicht mehr beteiligt ist. Der Vertrag ist somit nicht mit dem Inhalt des KBS zustande gekommen.

@Tomcat, @Herbie90, Es hat mich auch sehr gefreut und ich danke für die vielen Anregungen!

@Tomcat Bzgl. Fankreich. Amen.
 
Wer in Kenntnis von der Unrichtigkeit des Bestätigungsschreiben den angeblichen Inhalt der Verhandlungen bestätigt, handelt unredlich und kann auf den wahren Vertragsinhalt verwiesen werden (K. Schmidt, Handelsrecht, 5. Auflage, 19 III 5 a; aA: Canaris, Handelsrecht, § 23 II 5, der auch grobe Fahrlässigkeit ausreichen lassen will). Die Kenntnis des Vertreters wird entsprechend § 166 Abs. 1 BGB dem Vertretenen zugerechnet (BGHZ 40, 42 (45 ff.)).

Ich frage mich, ob das unser Problem ist.
Wir prüfen doch, ob die Voraussetzungen eines KBS bei uns hier vorliegen, oder?
Klar, P handelt unredlich, wenn er Kaufmann R mit dem Bestätigungsschreiben so gegenüber der T-KG "auflaufen" lässt. Letztlich wird das aber R wieder über §166 I BGB zugerechnet (Sphäre der Vertragspartei Kaufmann R). Also demnach: kein wirksames KBS mit dem "verfälschten" Inhalt?

Wenn das so ist, haben wir kein KBS - das hatten wir auch hier! -, aber eine mögliche Zurechnung i.S.d. § 166 I BGB gemäss den obigen Ausführrungen von ESRA?
Eine Zurechnung setzt aber immer eine wirksame Anspruchsgrundlage voraus, die wir ja erst einmal (noch) nicht haben, weil wir das KBS hier doch wegen der Unredlichkeit negativ prüften; nämlich Anspruch entstanden: nein!
Diese Ausführungen machen doch nur Sinn, wenn zuvor ein "originärer" Vertragsschluss wirksam stattfand, der anschliessend verfälscht wird.

Jetzt soll R aber gemäss den obigen Ausführungen auf den wahren Vertragsinhalt verwiesen resp. R behaftet werden.
Dieser "Vertragsinhalt" ist ja gar nicht zwischen Kaufmann R (wirksam vertreten durch P) und der T-KG (nicht wirksam vertreten durch T) als wirksamer Vertrag zustande gekommen, es sei denn, man gehe nicht auf den weiteren Sachverhalt ein, und verkürzte dahingehend, dass die erfolgte (dann ja richtige) Navi-Lieferung (gemäss ESRA) eine konkludente Annahme der T-KG sei oder es wäre über § 151 BGB lösbar.

Der Gesetzgeber wird doch keine Fiktion eines Vertragsschlusses "brutal" vorschreiben - zumal wenn noch keiner besteht -, nur weil ein anschliessendes KBS (nur Klarstellungsbedürfnis!) unredlich verfasst worden ist.

Da neige ich doch eher der hier ehemaligen Position zu, dass das FAX ein modifiziertes Angebot des Kaufmann K an die T-KG darstellt.
 
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Hallo in die Runde,

Ich habe folgende Lösung:

1. Kaufvertrag zwischen R und T-KG durch telefonische Vereinbarung von P und T (-)
Grund: P hat seine Vertretungsmacht missbraucht;
Stichwort: Evidenz

2. KBS (-),
Grund: R ist nicht redlich, da er sich die Bösgläubigkeit von P zurechnen lassen muss

3. Fax als modizifierte Annahme bzw. neuer Antrag (+)
Schweigen gilt in bestimmten Fällen als Antwort
Zugang unproblematisch

Ergebnis: T-KG hat keinen Anspruch auf 750€.
 
@Tomcat Dürfte ich dich nochmal genauer zu dem modifizierten Angebot befragen. Ich bin davon ausgegangen, dass es zu einem Vertragsschuss kam. Das KBS habe ich abgelehnt. Wenn ich jetzt ein Modifiziertes Angebot § 150 II BGB prüfe, wäre dann nicht die Folge, dass der ursprügliche Vertrag abgelehnt wird, und dies ein neues Angebot darstellt?

Folge wäre doch, dass überhaupt kein Vertrag mehr bestehen würde. (Auch wenn ich dies irgendwie missbräuchlich empfinge.)

Wie ist die Wirkung des § 150 II auf einen bereits geschlossenen Vertrag? Ich habe gerade ein Brett vor dem Kopf.
 
Hallo @EnglishAirship

Ich meine persönlich, dass kein Vertrag anfangs zwischen P und T oder dem Kaufmann K und der T-KG geschlossen werden konnte, weil T Kommanditist ist und die Gesellschaft auch nicht anderweitig gesetzlich vertreten konnte. Es sei denn, die "Geschichte" bleibt "schwebend unwirksam" bis zur Lieferung (Genehmigung durch die T-KG, also nicht durch T) der richtigen, also vertragsgemässen Navis.

Nun zu Deinen Fragen:
1. Wenn es bei Dir zu einem Vertragsschluss kam, Du das KBS ablehnst:
Dann kann jedes folgende, also neue Angebot nur entweder als ein modifiziertes Angebot auf Grundlage resp. Berücksichtigung des vorherigen wirksamen Vertragsschlusses angetragen werden oder anderseits als angebotener Änderungsvertrag verstanden werden. Beide bedürften aber des Zugangs bei und der Annahme durch die T-KG. Ansonsten gilt der alte Vertrag.
2. M.W. stellt jede "angenommene" nachträgliche Vertragsänderung (Annahme) einen n e u e n Vertrag für die Vertragsparteien dar, insbesondere dann, wenn die essentialia negotii ändern! Es handelt sich gerade nicht um ein so genanntes KBS gemäss Deiner Prüfung.
Der alte Vertragsschluss ist damit hinfällig.
3. Hier bei uns würde m.E. im Zweifel kein Vertrag mehr bestehen, weil der Änderungsvertrag resp. modifizierte Angebot zwar zugegangen, aber nicht angenommen wurde. Faktisch kann die T-KG auch keine Änderung annehmen, wenn die Sekretärin den Inhalt des Faxes ungelesen gleich dem Altpapier zufügt.
Was verstehst Du in diesem Zusammenhang unter "missbräuchlich empfinge"?
Ich nehme an, Du spielst auf die vermeintlich" konkludente" Lieferung der falschen Navis an, oder? Hier könnte § 151 BGB Prüfung ins Spiel kommen.
Im Zweifel aber bisher kein wirksamer Vertragsschluss: Die Zusendung der Navis könnte aber ein neues Angebot der T-KG sein, was der Kaufmann R pflichtgemäss zu prüfen/rügen resp. abzulehnen hätte. § 241a BGB ist hier dann nicht einschlägig, weil es sich um Kaufleute handelt.
4. Die Wirkung von § 150 II BGB ist erst einmal nur auf den Fall der noch ausstehenden Annahme (noch kein Vertrag zustande gekommen) bezogen, die dann nicht deckungsgleich mit dem gemachten Angebot übereinstimmt, aber abgegeben wird, also der angebotene Vertragsinhalt letztlich geändert wird. Folge: Damit ist der alte Antrag abgelehnt und die geforderte Änderung stellt einen neuen Antrag für einen neu zu schliessenden Vertrag dar.

Ich hoffe, ich habe meine Ansicht dazu verständlich darstellen können.
 
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Hallo!
@Tomcat
Deine Ausführungen klingen wirklich super. Ich hab leider ein großes Problem. Ich hab den Vertrag als schwebend unwirksam gelten lassen und kriege dadurch am Ende mit dem § 150 II BGB wirklich Probleme.

Besser würde es passen wenn ich den Vertrag ablehnen könnte. Komm aber leider nicht darauf wie. Mein Problem ist, dass der T als Kommanditist ja eigentlich kein Geschäft abschließen darf (§ 170 HGB), aber dadurch handelt er doch dann nur als Stellverter ohne Vertretungsmacht. Eine anschließende Genehmigung durch die T-KG bleibt aber doch generell möglich. Und durch die Geltendmachung des Anspruchs ist doch auch konkludent eine Genehemigung zu sehen.

Daher wollte ich mal fragen wie du den Vertrag abgelehnt hast? Wenn ich die Vertragsablehnung begründen könnte, wäre der Rest wirklich stimmig. Denn Rechtshandlungen während der Schwebephase eines Vertrages zuzulassen macht mir Kopfschmerzen.
Wäre super wenn du mir dabei weiterhelfen könntest.
 
Hallo @AnRe
Ich versuche meist eine bestimmte Position - nicht unbedingt meine in der EA - in der Lösungssuche im Forum einzunehmen, die eigentlich Anlass zur weiteren Diskussion bieten und andere MitstreiterInnnen zu Beiträgen animieren soll. Mitunter wechsle ich auch meine Position hin und wieder. - Das ist mir wohl nur sehr begrenzt gelungen. Niemand hat hier die Lösung "Nichtvertragsschluss" hinterfragt.

1. Bei "schwebend unwirksam" müsste Du alle anderen Möglichkeiten negativ geprüft haben, damit Du zu "schwebend unwirksam" im Lösungsaufbau zurückkehren kannst.
Bei "schwebend unwirksam" ist doch m.E. das Angebot wirksam abgegeben und die Annahme noch nicht wirksam vollzogen, so dass auch noch kein Vertragsschluss, insbesondere kein wirksamer, vorliegen kann. Hier könnte "Vertretung ohne Vertretungsmacht" erst einmal gemäss §§ 177 ff. BGB vorliegen.
Dann kommst Du doch alleine schon mit der erfolgten Lieferung der 150 €-Navis (jetzt Genehmigung, § 184 BGB) durch die T-KG weiter: Und hierdurch auch eine konkludente Annahme (§ 151 BGB) des originären Vertragsinhaltes; somit jetzt wirksamer Vertragsschluss zwischen Kaufmann R und T-KG. Die T-KG als Kaufmann hat jetzt die 5 Navis versandt, nicht der Kommanditist T. Also kauf- und handelsrechtliche Rüge unbegründet. Forderung der T-KG berechtigt.

Hier könnte man auch zur Lösung kommen, dass bisher kein Vertragsschluss stattgefunden hat, aber jetzt durch Lieferung ein neues Angebot erfolgt ist, dass der Kaufmann R noch anzunehmen hätte, usw., aber eben gemäss Sachverhalt nicht annehmen will.

2. Man könnte vielleicht den originären Vertragsinhalt m.E. auch nicht zum wirksamen Vertragsschluss kommen lassen, indem man den Sachverhalt so berücksichtigt, dass P zwar Prokurist ist, auch wenn das (noch) nicht publiziert ist, aber P sehr genau wusste (Sachverhalt: "ihm bekannt ist"), dass T "nur" Kommanditist ist. Auch einen Arbeitnehmer T nach § 56 HGB gibt der Sachverhalt m.E. nicht her, zudem besteht kein Kundenkontakt im Lager oder Ladengeschäft.
Vielleicht könnte man auch mit § 15 II 1 HGB argumentieren, dass die Kommanditistenstellung des T im HReg eingetragen ist und zudem P auch persönlich bekannt war resp. hätte allein durch den HRegistereintrag des T als Kommanditisten bekannt sein müssen/können (Fahrlässigkeit resp. fahrlässige Unkenntnis des P).
 
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Dann kommst Du doch alleine schon mit der erfolgten Lieferung der 150 €-Navis (jetzt Genehmigung, § 184 BGB) durch die T-KG weiter: Und hierdurch auch eine konkludente Annahme (§ 151 BGB) des originären Vertragsinhaltes; somit jetzt wirksamer Vertragsschluss zwischen Kaufmann R und T-KG. Die T-KG als Kaufmann hat jetzt die 5 Navis versandt, nicht der Kommanditist T. Also kauf- und handelsrechtliche Rüge unbegründet. Forderung der T-KG berechtigt.
An der Stelle würde ich mich gerne mal in die Diskussion einklinken: Wenn man - wie ich das auch getan habe - davon ausgeht, dass der Vertrag zunächst wegen fehlender Vertretungsmacht des T schwebend unwirksam ist und erst mit Lieferung und Rechnungsstellung konkludent genehmigt wird, dann hat der Gegner - in dem Fall R - in der Schwebephase ein Widerrufsrecht. Dieses könnte er doch mit dem kaufmännischen Bestätigungsschreiben wahrgenommen haben, so dass die Schwebephase zum Zeitpunkt der Lieferung bereits beendet war. Oder habe ich was übersehen?
 
Hallo @steffi0312
Wenn ich das richtige verstehe und sehe, dann stellen wir erst einmal u.a. "fehlende Vertretungsmacht" fest und prüfen nachfolgend z.B. KBS (siehe Diskussion: Betragsdifferenz, Unredlichkeit etc.) negativ, auch das "Schweigen unter Kaufleuten" negativ, vorerst FAX zwar als mögliches modifiziertes Angebot oder Änderungsvertrag negativ. Dann fahren wir mit der Prüfung "schwebend unwirksam" - wie oben - nochmals fort, wegen der jetzt erfolgten Lieferung (Genehmigung, wirksame Annahme und somit wirksamer Vertrag über den originären Vertragsinhalt -150 € Navis-), oder?
Hat R denn jemals gemäss Sachverhalt widerrufen? Woraus entnimmst Du das; nach welcher Vorschrift? Kann er das überhaupt als Kaufmann mit seinem Wissen über T (§178 BGB), was dem R im Zweifel zuzurechnen ist?
Im Sachverhalt steht "einige Tage später". Ich gehe davon aus, dass die Tage innerhalb der üblichen Zeit der Annahmefrist - regelmässige Umstände, § 147 BGB - liegen.
 
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Neuer Gedankengang (BGH Urteil dazu gefunden): fehlende Vertretungsmacht kann durch Schweigen des Vertretenen auf KBS geheilt werden (hierbei ist es auch unschädlich, dass das KBS an den vollmachtlosen Vertreter adressiert war, was hier ja der Fall ist). Ich prüfe das KBS also nun im Kontext der Heilung der fehlenden Vertretungsmacht, was dann zu verneinen wäre und stelle dann auf konkludente Genehmigung durch Lieferung ab. => Anspruch der T-KG (+)
 
... @Herbie90 , interessante Ausgrabung eines BGH-Urteils!
Die "Heilung" wird dann aber nur die "fehlende Vertretungsmacht" im Rahmen eines ansonsten wirksamen KBS betreffen, oder? Ein sonst wirksames KBS liegt hier m.E. nicht vor.
Und da wären wir wieder in der Spur der hier diskutierten Lösungsansätze: Anspruch entstanden! Was ja auch einleuchtet, wenn eine Lieferung zeitnah zur Verhandlung getätigt worden ist.
Magst Du die Quelle des BGH-Urteils hier preisgeben?
 
VIII ZR 245/88

Verstehe deine letzte Ausführung aber nicht ganz. Wenn festgestellt wird, dass T hier ohne Vertretungsmacht handelte, kann man doch sagen: "Möglicherweise aber geheilt durch Schweigen der T-KG" auf ein KBS. KBS prüfen, dann komme ich zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen eines KBS nicht vorliegen und somit nach wie vor ein schwebend unwirksamer Vertrag vorliegt. Dann kann man fragen, ob eine Genehmigung durch Lieferung anzunehmen ist. Das würde ich bejahen. Da sind dann alle Punkte des Sachverhaltes mit drin.
 
... @Herbie90 , kann man m.E. schon.
Es wird vorläufig in der (chronologischen) Prüfungsreihenfolge erst einmal anfangs festgestellt, dass eine "fehlende Vertretungsmacht" besteht. Daraus könnten sich weitere, relevante Rechtsfolgen ergeben, die anfangs noch nicht ersichtlich sind (erst durch spätere Lieferung).
Deshalb prüfen wir erst einmal die KBS-Möglichkeit (-).
Schweigen auf ein unwirksames KBS? Zum anderen ist Schweigen unter Kaufleuten grundsätzlich keine Annahme. Da gibt es aber im HGB Voraussetzungen und die sind hier m.E. nicht erfüllt. Somit "Schweigen" (-).
Und dann zurück auf die hier diskutierte alte Spur, insbesondere durch die zwischenzeitlich stattgefundene Lieferung der T-KG an den Kaufmann K, oder?
 
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