Ich habe das Modul im Sommersemester 2023 als sechstes Wahlpflichtmodul im Master Volkswirtschaft geschrieben. Nach
Probleme der Wirtschaftspolitik und
Konstruktion und Analyse ökonomischer Modelle war das mein drittes Modul am Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik.
Waren die Kurseinheiten verständlich?
Es gibt insgesamt 5 Kurseinheiten.
Die erste Kurseinheit ("Preiswettbewerb, Mengenwettbewerb und Produktdifferenzierung") behandelt im ersten Teil den Bertrand- und Cournot-Wettbewerb für homogene Güter. Der zweite Teil behandelt dann heterogene (= differenzierte) Güter. Wer Spieltheorie (31961), Markt und Staat (31721) oder Preisbildung auf unvollkommenen Märkten (32531) geschrieben hat, wird das meiste schonmal in ähnlicher Form gesehen haben. Die Herausforderung hierbei ist das Verständnis der teilweise recht abstrakten Modelle. Die Kurseinheit liest sich dennoch insgesamt gut und insbesondere den zweiten Teil zu differenzierten Gütern kannte ich so noch nicht.
Die zweite Kurseinheit enthält eine Menge Übungsaufgaben für die erste und dritte Kurseinheit. Die Übungsaufgaben sind ganz gut gewählt um das Verständnis nochmal zu vertiefen, die sollte man auf jeden Fall anschauen wenn man KE 1 und 3 durchgearbeitet hat.
In der dritten Kurseinheit ("Wettbewerbsbeschränkung durch Kartelle, Kapitalverflechtung und Fusionen") geht es vor allem um die Bildung und Stabilität von Kartellen im Preis- und Mengenwettbewerb. Das kennt man in ähnlicher Form vielleicht schon aus Internationale Finanzwissenschaft und Umweltökonomie (32771) in Form von Koalitionen, die KE als gesamtes ist meiner Meinung nach recht einfach gehalten und auch nicht sehr umfangreich (55 Seiten).
KE4 und KE5 wurden von einem ehemaligen Lehrstuhlmitarbeiter von Prof. Grosser geschrieben.
In KE4 werden insgesamt vier Themenbereiche abgedeckt, die von der Annahme des simultanen Oligopols der KE 1 + 3 abweichen. Nach einer Wiederholung des Konzepts der sozialen Wohlfahrt und damit verbunden der Frage, ob ein Eingreifen des Staates wohlfahrtserhöhend sein kann, geht es zunächst um sequenzielle strategische Interaktionen in Form des Stackelberg-Duopols. Das dritte Kapitel behandelt das natürliche Monopol bzw. dessen Definitionen (Überlebensfähigkeit, fallende Durchschnittskosten, Subadditivität der Kostenfunktion) und die Preisbildung im Monopol. Das vierte Kapitel ist eine Einführung in das Konzept der bestreitbaren Märkte. Damit habe ich mich anfangs etwas schwer getan, im Prinzip geht es darum, dass ein Monopolist durch die Drohung des Markteintritts durch einen Konkurrenten auch ohne staatliche Eingriffe diszipliniert (und das soziale Optimum erreicht) wird. In KE4 wird im Gegensatz zu KE 1 + 3 viel mit Fixkosten gearbeitet, die dann zu fallenden Durchschnittskosten führen.
KE5 ("Grundlagen der Regulierungspolitik, Regulierungspolitik in Netzindustrien, Grundlagen der Wettbewerbspolitik") geht dann auf staatliche Regulierung ein. Klausurrelevant ist hier nur das erste Kapitel, das verschiedene Ansätze zur Preisregulierung vorstellt. Der zweite Abschnitt zu Netzindustrien ist interessant, aber auch sehr abstrakt gehalten. Der letzte Abschnitt ist etwas praxisnäher und geht auf die Rolle des Bundeskartellamts ein.
Ich würde sagen, dass KE 4 + 5 anspruchsvoller als KE 1 + 3 sind, auch weil es inhaltlich nur wenig Überschneidung mit anderen Modulen gibt. Zu kritisieren an den Kurseinheiten, insbesondere KE 1 + 3, ist, dass manche aus Konstruktion und Analyse ökonomischer Modelle bekannte Konzepte verwendet werden ohne sie weiter zu erläutern. Statt das IFT zu verwenden, wird mit der Veränderung des marginalen Gewinns argumentiert (was bei Stabilität quasi das selbe ist, aber das wird nicht erwähnt) und das wichtige Envelope-Theorem wird nebenbei eingeführt ohne es beim Namen zu nennen.
Wie ist das Moodle Angebot?
Vorhanden. Wichtig sind hier die alten Einsendearbeiten und deren Musterlösungen, sowie die Lösungen zu den Übungsaufgaben für KE 4 + 5. Viel Aktivität gibt es dort ansonsten nicht, das Modul ist nicht sehr beliebt was sich auch in den einstelligen Klausurteilnehmerzahlen widerspiegelt.
Empfehlenswerte mentorielle Veranstaltungen?
Es gibt keine. Es gibt ein paar alte Chatverläufe von Klausurvorbereitungsveranstaltungen zum Download, aber in diesem Modul ist man höchstwahrscheinlich Einzelkämpfer.
Gibt es hilfreiche Bücher oder Fremdskripte?
Über Springer Link habe ich mir Theorie der Industrieökonomik von Helmut Bester angeschaut, aber eigentlich reichen die Kurseinheiten zur Vorbereitung aus. Wie bereits erwähnt gibt es an manchen Stellen Überschneidungen mit anderen Modulen, das hat sicher geholfen.
Was würdest Du im Nachhinein anders machen?
Nichts, die Klausur lief sehr zufriedenstellend. Nachdem Prof. Grosser leider letztes Jahr verstorben ist und der Lehrstuhl inzwischen von Prof. Westphal vertreten wird, hat sich das Klausurformat etwas geändert. Manche Aufgaben sind jetzt etwas weniger abstrakt gehalten, dafür gibt es deutlich mehr Teilaufgaben zu bearbeiten.
Sonstige Hilfen und Tipps?
Wie bei jedem Modul von Prof. Grosser muss man hier selber rechnen und auch mal scheitern. Hat man eine Intuition für die Ansätze entwickelt, läuft es fast schon von selbst. Ich habe zur Vorbereitung (fast) alle Einsendearbeiten durchgerechnet um ein Gefühl für den Anspruch und den Umfang zu entwickeln. In diesem Modul geht es fast immer darum, einen Optimierungsansatz aufzustellen und dann zu untersuchen, wie sich dieser durch strategische Interaktion verändert. Insbesondere das Konzept des Nash-Gleichgewichts ist hier sehr wichtig.
Das Modul würde ich empfehlen wenn man Spaß an VWL hat und idealerweise bereits Konstruktion und Analyse ökonomischer Modelle bestanden hat. Wer nur ein VWL-Wahlpflichtmodul im Bachelor benötigt und keine Freude an Mikroökonomik hat, sollte lieber ein anderes Modul belegen. Wer im VWL-Master einfach nur eine gute Note will, sollte lieber
Preisbildung auf unvollkommenen Märkten belegen, das meiner Meinung nach deutlich einfacher und kompakter ist.