Hallo zusammen, da ich heute gerade mein Zeugnis aus dem Briefkasten geholt habe, möchte ich mich hier auch verewigen.
Welchen Studiengang hast Du erfolgreich absolviert?
Master of Science Praktische Informatik
Abschlussnote: 1.0 und Auszeichnung
Wie lange hast Du benötigt?
WS18 - WS20 (somit 4 statt 3 Semester)
Ich habe in der Zeit weiterhin Vollzeit gearbeitet.
Warum hast Du Dein Studium begonnen?
Ich habe nach dem Bachelor 2 Jahre gearbeitet und fühlte mich nachdem ich vollständig eingearbeitet war fachlich unterfordert. Eine Kollegin hat dann einen Master begonnen und ich nahm dies als Motivation ebenfalls diesen Schritt zu gehen.
Hat Dich das Studium persönlich weitergebracht?
Ja enorm, ich bin viel belastbarer geworden, habe sehr viele methodische Fähigkeiten mir aneignen können und auch fachlich extrem viel dazulernen können.
Welche beruflichen Perspektiven erwartest Du Dir durch das Studium?
Erstmal keine unmittelbaren. Ich habe im 3. Semester des Masters eine höhere Stelle angetreten, das war im Nachhinein gesehen ein riesiger Fehler, da ich mich auf Arbeit neu fachlich einarbeiten musste und gleichzeitig in der Freizeit fachlich gefordert war. Dieser Leistungspeak war enorm erschöpfend und auslaugend. Letzten Endes hab ich es überstanden und bin froh, dass ich es durchgehalten habe. Und falls in den nächsten Jahre eine schöne Stelle kommt, habe ich einen Zettel der vielleicht den entscheidenden Unterschied ausmachen könnte.
Falls Du den Bachelor abgeschlossen hast, folgt nun der Master bzw. warum nicht?
Da der Master schon da ist, ist der nächste Schritt die Überlegung über eine berufsbegleitende Promotion. Ich habe schon erste Themenvorschläge vom Lehrgebiet erhalten und evaluiere, welches Themengebiet mir zusagt und ob ich die Promotion stemmen kann.
Welche Dinge kamen während des Studiums zu kurz bzw. auf was musstest Du verzichten?
Sport, Freizeit, Hobbys, Freunde treffen, faulenzen etc.
Ich habe jedes bisschen Freizeit für das Studium geopfert. Jeden Tag vor der Arbeit Uni Skripte gelesen und nach der Arbeit sofort wieder an das Uni Zeug mich gesetzt. Im Urlaub mit dem Tablet Skripte gelesen und wenn ich gar nicht gut drauf war, einfach Karteikarten geschrieben. Es war eine Tortur. Leider habe ich auch in der Zeit wieder mit dem Rauchen angefangen aber zwei Wochen nach der Abgabe der Masterarbeit wieder komplett aufgehört.
Könntest Du die Zeit zurückdrehen, würdest Du das Studium wieder beginnen?
Das ist eine Frage, die ich mir sehr oft gestellt habe. Letzten Endes ist es natürlich schön nach zwei Jahren einen 1.0er Master mit Auszeichnung von einer Uni zu haben. Durch das weitere Vollzeitarbeiten habe ich finanziell nichts eingebüßt. Gleichzeitig waren viele Inhalte nicht gerade zeitgemäß und viele sehr weiche Themen dabei, die ich fast vollständig wieder vergessen habe. Und sehr sehr viel Freizeit ist draufgegangen. Gerade an schönen sonnigen Tagen saß ich am Schreibtisch, habe nach draußen geschaut und mich dafür verflucht, dass ich das Studium begonnen habe. Aber ich bin der festen Überzeugung, das sich dieser ganze Stress irgendwann auszahlen wird, sodass ich sagen kann, ja ich würde das Studium wieder beginnen.
Was würdest Du im Nachhinein anders machen?
Ich hätte einige andere Fächer gewählt und gleich von Anfang an anders gelernt. Ansonsten aber hätte ich den Rest genauso gemacht.
Was möchtest Du sonst noch loswerden?
Ich möchte allen Beitragserstellern in diesem Thread danken. Ich habe in den schwierigen Phasen des Studiums jeden Abend diese Beiträge gelesen, um mich zu motivieren. Ich bin der festen Überzeugung, dass dieser Thread mir das Studium gerettet hat :D
Ansonsten muss ich alle die gerade das Studium beginnen wollen, vorwarnen. Ein riesiger Nachteil an der FUH ist die Anonymität und eine riesige Qualitätsanspruchskluft zwischen Kommilitonen. Ein Beispiel: Ich habe über die Lerngruppenapp eine Whatsappgruppe je Modul und je Semester erstellt. Von insgesamt 60 an den Lerngruppen teilnehmenden Leuten waren vielleicht 5 vernünftige Leute dabei, die die Prüfung wirklich ablegen wollten und das auch in einer angemessenen bis sehr guten angestrebten Qualität. Die anderen 55 waren absolut parasitärer Natur, haben nichts beigetragen, haben sich am Ende nicht mal für die Prüfung angemeldet und stattdessen einfach nur die Zeit von den anderen verschwendet.
Diesen Trend sieht man extrem an den Statistiken. Mit 70k Studierenden und dann Absolventen im niedrigen tausender Bereich ist die Abbrecherquote unglaublich hoch, was daran liegt, dass die FUH so niedrige Gebühren hat. Damit ist es aber extrem schwer gute Kommilitonen zu finden und sich nicht von der Trägheit der Masse anstecken zu lassen. Das ist auch übrigens der Grund, dass die Durchschnittsnoten von den Informatikmastern zwischen 1.5 -1.7 liegen. Die ganzen Drückeberger kommen nicht mal bis zum Abschluss. Und ein weiterer sehr negativer Effekt ist, dass diese Masse an Studenten sehr negative Eindrücke bei Professoren hinterlassen. Weshalb man von vornherein eher pessimistisch, vorsichtig und negativ betrachtet wird. Ich hatte beispielsweise mich schon Ende des 1. Semesters um ein Seminar und Masterarbeitsthema kümmern wollen und das war so ein Kampf, einen Prof zu überzeugen, dass ich tatsächlich im 3. Semester meine MA beginnen möchte, das hätte ich nie erwartet...
Ansonsten hat es natürlich mega viele Vorteile, ich war nicht einen einzigen Tag in Hagen. Konnte mir über das Anrechnen des Betriebs- und Fachpraktikums 40 ECTS sparen. Konnte durch die Nutzung von Probeklausuren und Gedächtnisprotokollen viel gezielter lernen und mit 900€ für ein Studium, von denen man sogar einen Teil steuerlich absetzen kann, ist es einfach nur krass.
Daher schließ ich nun diese Erfahrung ab und kann euch nur sagen, haltet durch, reißt euch zusammen... es ist schwer, schwerer als jede private Fernhochschule, schwerer als viele Präsenzunis, aber es haben schon viele geschafft! Und wenn ihr das Zeugnis aus dem Briefkasten holt und euch danach ein Bier öffnet, schmeckt es einfach nur göttlich!